Nach seiner 26 Jahre währenden Tätigkeit als Professor für französische und spanische Literatur- und Kulturwissenschaft scheidet Frank Leinen zum Ende des Monats Juli aus dem Dienst.
Mit dem Ziel, Gymnasiallehrer zu werden, studierte Frank Leinen an der Universität Trier Französische und Spanische Philologie sowie Politikwissenschaft. Dank eines Promotionsstipendiums des Landes Rheinland-Pfalz und einer Anstellung als Wissenschaftlicher Mitarbeiter konnte er 1990 seine Dissertationsschrift mit dem Thema „Flaubert und der Gemeinplatz. Erscheinungsformen der Stereotypie im Werk Gustave Flauberts“ vorlegen. Die Studie wurde mit dem Straßburg-Preis der Alfred Töpfer Stiftung FVS und dem Förderpreis der Universität Trier ausgezeichnet. In dieser Lebensphase entschied sich Frank Leinen dafür, die akademische Laufbahn einzuschlagen und für seine Habilitationsschrift ein mexikanistisches Thema zu wählen. Ein DFG-Stipendium, mehrere Forschungsaufenthalte in Mexiko und die Vertretung einer Akademischen Ratsstelle boten ideale Voraussetzungen für das Verfassen seiner Habilitationsschrift „Visionen eines neuen Mexiko. Das aus dem Ateneo de la Juventud hervorgegangene Kulturmodell im Kontext der mexikanischen Selbstsuche: eine identitätstheoretische Analyse“. 1998 erwarb er die venia legendi im Fach Romanische Philologie, auf deren Grundlage er 1999, nach der Vertretung einer Professur in der Düsseldorfer Romanistik, zum Universitätsprofessor ernannt wurde. In den Jahren 2001, 2002, 2003 und 2004 lehrte Frank Leinen als Gastprofessor an der Pariser Eliteuniversität Ecole Normale Supérieure. 2011 war er Mitgründer der mexikanistischen Internetzeitschrift iMex, 2015 Mitgründer des Arbeitskreises Graphisches Erzählen an der Philosophischen Fakultät der Heinrich-Heine Universität (HHU) , 2019 Mitgründer von icon Düsseldorf (Interdisziplinäres Comicforschungs-Netzwerk der HHU) und 2021 Mitgründer des interuniversitären Netzwerks „Comicforschung am Rhein“.
Seine Arbeitsschwerpunkte setzte Frank Leinen in den folgenden Bereichen: lateinamerikanische, insbesondere mexikanische Literatur und Kultur von der Conquista bis zum 20. Jahrhundert, mexikanisches Zeitschriftenwesen im 19. Jahrhundert, Deutschlandbilder in der französischen Literatur, Populärliteratur und -kultur in Frankreich, Spanien und Hispanoamerika (insbes. Bande dessinée, Novelas gráficas, Kriminalliteratur, Film), Interkulturelle Hermeneutik und Transkulturelle Prozesse in der Romania, Intermedialität sowie Postkolonialismus in Literatur und Film.
Einen Höhepunkt seiner akademischen Laufbahn bildete die im Sommersemester 2017 mit Jun.-Prof. Dr. Sieglinde Borvitz anlässlich des Grand Départ der Tour de France in Düsseldorf organisierte Ringvorlesung im Haus der Universität. Ihre positive, weit über die Düsseldorfer Stadtgesellschaft hinausreichende Resonanz legte es nahe, die ausgearbeiteten Vorträge 2019 unter dem Titel „Velomanie?! Facetten des Radsports zwischen Mythos und Ökonomie“ zu publizieren. Dieses Buch, so die Stellungnahme eines Rezensenten aus dem Folgejahr, trage das deutsche „gelbe Trikot“ im Bereich der wissenschaftlichen Beschäftigung mit der Tour de France.
Im Rahmen der akademischen Selbstverwaltung übernahm Frank Leinen zahlreiche Aufgaben, u.a. als Fakultätsbeauftragter für den Diplomstudiengang Literaturübersetzen, dessen Prüfungsamt er 13 Jahre lang leitete, oder als Fakultätsbeauftragter für die Beziehungen zur ersten Partneruniversität der HHU, der Nantes Université. Er war über viele Jahre Mitglied u.a. der Frauenförderplankommission, des Fakultätsrates, der Auslandskommission und des Habilitationsausschusses der Philosophischen Fakultät sowie des Senats der HHU. Den umfassendsten Beitrag zur akademischen Selbstverwaltung leistete Frank Leinen vermutlich als Geschäftsführer des Instituts für Romanistik – eine Tätigkeit, mit der er 111 Monate betraut war. Darüber hinaus wirkte er bei der Konzeption und fachlichen Ausgestaltung des interdisziplinären Masterstudiengangs „The Americas – Las Américas – Les Amériques“ mit. Mit Univ.-Prof. Dr. Guido Thiemeyer entwickelte er für Studierende der Romanistik und der Geschichte die Option, bei einer entsprechenden Spezialisierung das Zusatzzertifikat „Deutsch-Französische Studien“ erwerben zu können.
Besonders am Herzen lag und liegt ihm das von ihm initiierte und im Zusammenwirken mit den Kolleg*innen der Université Toulouse Jean Jaurès konzipierte binationale Studienprogramm „Transkulturelle Studien / Etudes transculturelles“, dessen Akkreditierung durch die Deutsch-Französische Hochschule den Studierenden unter anderem eine großzügige Finanzierung ihres Auslandsaufenthaltes bietet. Studierende der HHU und der UT2J haben somit seit 2016 die Möglichkeit, nicht nur den deutschen BA, sondern auch das französische Pendant, die Licence, zu erwerben. Frank Leinen hofft sehr, dass die Philosophische Fakultät nach der Implementierung der neuen Studienstrukturen eine Neuauflage dieses deutsch-französischen Studienprogramms in Erwägung zieht.
In den kommenden Jahren möchte der Romanist im Ruhestand der Wissenschaft nicht Adieu sagen, sondern vor allem icon Düsseldorf und der Comicforschung am Rhein die Treue halten. Einen wichtigen Platz in seinem Alltag wird der Sport, vor allem der Radsport, einnehmen, ist er doch schon seit vielen Jahren als aktiver Fahrer, aber auch als Trainer und Leiter der Radsportabteilung der SG Kaarst unterwegs. Daneben freut er sich darauf, wieder mehr Zeit für sein zweites großes Hobby, das Gitarrespielen, zu haben. Und natürlich warten etliche Regalmeter mit Literatur aus der Romania darauf, endlich gelesen zu werden, allen voran die fünf Pléïade-Bände des von Marcel Proust verfassten Romanmonuments „A la recherche du temps perdu“.