Zum Inhalt springenZur Suche springen

News Detailansicht

Dr. Raphael Kösters erhält Preis für die beste Dissertation 2020

Dr. Raphael Kösters Zoom

Dr. Raphael Kösters erhält für seine Dissertation „Medien als Mittler im Konflikt? Der Streit um die Migration im Spiegel der Berichterstattung.“ in seinem Promotionsfach Kommunikations- und Medienwissenschaft den Preis „Beste Dissertation der Philosophischen Fakultät 2020“. Erstbetreuer der Dissertation war Prof. Ralph Weiß vom Institut für Sozialwissenschaften, Abteilung Kommunikations- und Medienwissenschaft.

Dr. Raphael Kösters geht in seiner Dissertation der Frage nach, welchen Beitrag Massenmedien zur politischen Integration heterogener Gesellschaften leisten, das heißt, wie politisch heterogene Milieus einer Gesellschaft durch Leistungen der Medien zusammengebracht werden können. Dabei konzentriert sich Kösters inhaltlich auf die mediale Berichterstattung zum Thema Flucht- und Asylmigration, da hier sowohl Aufmerksamkeit als auch Konfliktpotential des Publikums sehr hoch sind. Methodisch kombiniert er eine Befragungsstudie zu politischen Milieus mit einer Inhaltsanalyse der Berichterstattung. Seine Untersuchungen geben sehr differenzierte Antworten darauf, welche Medienangebote dem theoretischen Ideal nahestehen und welche stark abweichen. Ebenso zeigen Kösters Forschungsergebnisse, für welche Bevölkerungsgruppen eine große Chance der politischen Integration über Medieninhalte besteht und für welche weniger.

Anwendbarkeit der Forschung auf aktuelle politische Debatten

Als besonders spannend empfindet Kösters die Anwendbarkeit seiner Grundidee auf aktuelle politische Debatten und andere Konfliktthemen: wie soll die Berichterstattung zu Streitthemen für einen gesellschaftlichen Zusammenhalt gestaltet sein? Welche Medieninhalte wirken politisch integrierend, welche polarisierend? Aufschlussreich ist für ihn vor allem ein empirisches Ergebnis seiner Arbeit: „Auch bei einem so polarisierenden Thema wie der Flucht- und Asylmigration bleiben die so bezeichneten Qualitätsmedien ihrer Bezeichnung treu. Es sind am ehesten diese Medienangebote, die eine qualitätsvolle und damit - mit Blick auf den spezifischen Fokus der Dissertation - eine politisch integrierende Berichterstattung anbieten.“

Bereichernder Blick über den Tellerrand

Die Dissertation entstand im Rahmen eines DFG-/FWF-/SNF-geförderten Forschungsprojektes zur demokratischen Medienqualität in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Für Kösters war es bereichernd, seine Überlegungen und Zwischenergebnisse im Projektzusammenhang diskutieren und von den Erfahrungen und Einschätzungen seiner Kolleg*innen lernen zu können. Als ebenso erhellend war für ihn der Blick in die Nachbardisziplinen Soziologie, Politikwissenschaft sowie Kommunikationswissenschaft, deren Erkenntnisse er in sein theoretisches Konzept einband.

Beruflich beschäftigt sich Kösters nun mit anderen Themen, als die der Dissertation. Die analytische Denkweise, die methodenorientierte Vorgehensweise oder das projektbezogene Arbeiten während der Promotionsphase kommen ihm aber auch in seinem beruflichen Umfeld zugute: „Meine Erfahrungen aus der Promotionszeit helfen mir im Berufsalltag sehr.“

Laudatio von Univ.-Prof. a.D. Dr. Ralph Weiß

Raphael Kösters setzt sich in seiner Dissertation mit dem öffentlichen Diskurs über die Fluchtmigration auseinander. Denn er weiß um dessen hohe Relevanz: Der Streit um die Migration hat die politische Kultur in Deutschland verändert. Er hat zu einem Aufschwung des Rechtspopulismus beigetragen. Kösters analysiert, welche Rolle Medien dabei gespielt haben. Dafür untersucht er die Argumente, die verschiedene Medien ihrem Publikum in der Debatte um die Fluchtmigration vorgestellt haben. Welche Medien behandeln das Thema in seiner ganzen Breite und mit der Vielfalt der Einschätzungen und Bewertungen, die gesellschaftlich umlaufen, und legen so Grundlagen für eine freie aufgeklärte Meinungsbildung? Und welche Medien berichten einseitig, parteiisch, transportieren eher Stereotype als Aufklärung?

Kösters bearbeitet damit Kernmerkmale journalistischer Qualität: die Pluralität und – damit eng verbunden – die Diskursivität, mit denen politische Auseinandersetzungen medial vermittelt werden. Warum es auf diese Merkmale ankommt, begründet Kösters unter Rückgriff auf Theorien der Politikwissenschaft sowie der Kommunikationswissenschaft. Er verbindet Argumente aus diesen Disziplinen nahtlos miteinander und legt dabei eine intellektuelle Souveränität an den Tag, die eine außergewöhnlich breite Belesenheit mit der Fähigkeit zu einem klaren eigenständigen Urteil verbindet.

Kösters erfasst präzise, welche Argumente Medien transportiert haben. Er ordnet einzelne Argumente im öffentlichen Diskurs den Wertepolen zu, die das Cleavage-Konzept beschreibt. Es handelt sich dabei um grundlegende politische Zielwerte wie Liberalität im Gegensatz zu Autoritarismus oder Integration im Gegensatz zu Abgrenzung. Kösters schlägt so konzeptionell eine Brücke von der Qualitätsforschung zur politischen Soziologie. Das ist eine ertragreiche Innovation. Denn die kommunikationswissenschaftliche Analyse der Qualität von Medienleistungen kann nun mit der politikwissenschaftlichen Analyse der Heterogenität bis hin zur Polarisierung politischer Positionen in Parteien und in der Bevölkerung verbunden werden. Kösters macht es vor: Er verbindet die Ergebnisse seiner Inhaltsanalyse mit Befunden einer Befragung, die politische Milieus identifiziert. Auf diese Weise kann er zum Vorschein bringen, wie es um die Qualität der jeweiligen Informationsumwelt bei Menschen bestellt ist, die für Integration sind oder sie scharf ablehnen. Denn erst dann ist besser verstanden, welche Rolle Medien für die Herausbildung polarisierter politischer Lager spielen.

Die Qualitäten der Arbeit bezeugen die herausragenden Kenntnisse und Kompetenzen des Autors. Sie geben aber auch eine Ahnung davon, wie er seine Rolle versteht. Kösters handelt als Intellektueller, der Wissen schafft, durch das für die Gesellschaft die Dynamik ihrer Konflikte und inneren Spaltungen beobachtbar und daher diskutierbar wird.

Kategorie/n: Philosophische Fakultät-News, Fakultät Schlagzeile
Verantwortlichkeit: