Einzelprojekte
Mittelgeber: LVR Rheinland
Projektleitung: Jasmin Grande („Moderne im Rheinland“/Zentrum für Rheinlandforschung)
Laufzeit: 04/2022 - 05/2024
Das Projekt untersucht für den Zeitraum ab 1900 bis in die Gegenwart Künstler*innenkolonien sowie die sie begründenden Gruppen und Bewegungen im Rheinland: die Namensgebung und Genese, das jeweilige Programm, Struktur und Organisation, Mitglieder und Gäste, Aktivitäten und Vernetzungen, die Vielfalt der künstlerischen Praktiken. Hierzu werden Recherche und Analyse in relevante Forschungsfelder eingebettet: Wie und in welchem Maße tragen Künstlerkolonien zur „Moderne“ bei? Was sagen die Veränderungsmomente über die veränderte Gesellschaft aus, bzw. inwieweit werden sie Vorläufer, also „Avantgarde“, oder konservative Bewahrer? Welche Bedeutung haben Sie für die Entdeckung von Landschaft und Region? Das Projekt knüpft an die kulturtheoretischen Methoden der Transkulturalität an. Die Ergebnisse werden in eine „Landkarte“ aufgenommen und mit bestehenden Kulturorten sowie digitalen Angeboten vernetzt und von verschiedenen Veranstaltungen begleitet.
Mittelgeber: DFG Sachbeihilfe
Projektleitung: Oliver Victor, Christoph Kann (Institut für Philosophie)
Laufzeit: 04/2023 – 09/2025
Das Projekt intendiert eine Revision der Entwicklungsgeschichte von Albert Camus als Philosoph. Vor dem Hintergrund des allgemein dominierenden Bildes von Camus als modernem Klassiker der Literatur sowie seinem Selbstverständnis als Kunstschaffender sollen seine philosophischen Arbeiten unter Fokussierung noch weitgehend unbekannter Jugendschriften erschlossen werden. Insoweit Camusʼ philosophisches Frühwerk bereits nachhaltig rezipiert wurde, geschah dies unter Konzentration auf die Examensschrift "Christliche Metaphysik und Neoplatonismus" (1936) sowie auf das zentrale Werk "Der Mythos des Sisyphos" (1942). Kaum oder gar nicht zur Kenntnis genommen wurden im deutschsprachigen Raum dagegen die genannten Jugendschriften, die für ein vollständigeres, kohärentes Bild von Camusʼ Denken, insbesondere seiner Kulturphilosophie mit ihren Leitmotiven des Europäischen und des Mittelmeerischen, seiner Anthropologie und Ästhetik, unverzichtbar sind. Insofern sollen im Rahmen des Projekts Camusʼ zwischen 1931/32 und 1934 entstandene "Écrits de jeunesse" ediert, ins Deutsche übersetzt und kommentiert sowie hinsichtlich ihrer philosophischen Bedeutung der Fachwelt zugänglich gemacht werden. Ziel des Projekts ist damit, der weiteren Forschung eine bedeutende Textgrundlage zur Verfügung zu stellen, die genannten Schriften philologisch-philosophisch zu erschließen und durch historisch-systematische Untersuchungen derselben zu einem adäquateren Camus-Bild beizutragen.
Weitere Informationen: Projektwebseite und Projektvorstellung Wissenschaftskommunikation
Mittelgeber: DFG Sachbeihilfe
Projektleitung: Jacopo Romoli (Institut für Linguistik)
Laufzeit: 09/2023 – 08/2026
Sprachliche Äußerungen werden dem zeitlichen Ablauf nach inkrementell verarbeitet. Dies führt zu einer Asymmetrie zwischen dem Vorher und Nachher jedes Ausdrucks. Das gegenwärtige Projekt behandelt die grundlegende Frage, ob auftretende Asymmetrien ein bloßes Nebenprodukt der zeitlichen Realisierung von Äußerungen sind, oder ob sie eine direkte Rolle in Repräsentationen sprachlichen Wissens spielen. Die Beantwortung dieser Frage hat wichtige Konsequenzen für unsere Konzeption von Satzbedeutungen und ihre Interaktion mit dem Kontext, und für generelle Fragen über das Zusammenspiel von sprachlichem Wissen und anderen kognitiven Fähigkeiten, das zentral für die Erforschung von Sprache und Kognition ist. Asymmetrien in der Interpretation von Präsuppositionen - einem besonderen Bedeutungsaspekt, der sowohl mit sprachlichem als auch außer-sprachlichen Kontext interagiert - bieten eine ideale Fallstudie. Dies kann mit dem Präsuppositionsauslöser 'stop' in dem Beispielsatz in (1) illustriert werden, der hier die Präsupposition einführt, dass Mary schon zuvor den Kurs besuchte: (1) wird typischerweise in Kontexten geäußert, wo dies als gegeben angenommen wird: (1) Mary stopped coming to class. Wesentlich ist, dass von Präsuppositionen in komplexen Sätzen traditionell angenommen wird, dass sie asymmetrisch evaluiert werden, so dass die Präsupposition eines Auslösers (z.B. 'stop') zuvor im Diskurskontext eingeführt sein muss, wie im Kontrast in (2) illustriert: Wenn die präsupponierte Information vor dem Auslöser eingeführt wird (2a), führt dies zu einer pragmatisch akzeptablen Äußerung. Die umgekehrte Konfiguration (2b) ist dagegen inakzeptabel. (2) a. Mary used to come to class and she stopped (coming to class). b. #Mary stopped coming to class and she used to (come to class). Derlei Kontraste könnten aber auch (teilweise) durch andere Faktoren, z.B. Redundanz, hervorgebracht werden, und könnten des Weiteren auf flexible Verarbeitungsbeschränkungen zurückgehen, statt grammatisch festgelegt zu sein. Die Effekte könnten außerdem für andere Junktoren, z.B. Disjunktionen, unterschiedlich ausfallen. Schließlich lassen einfache Datenpunkte wie (2) offen, ob die entsprechenden Effekte auf lineare Abfolge oder hierarchische Strukturen, die allgemein für die Berechnung kompositioneller Bedeutung wesentlich sind, zurückgehen. Das Thema der Asymmetrien für Präsuppositionsprojektion ist noch lange nicht hinreichend erforscht und erfordert sorgfältige experimentelle Studien. Das Projekt untersucht diese Fragestellungen und kombiniert feingliedrige theoretische Vorhersagen über Präsuppositionen aus der Semantik und Sprachphilosophie mit Modellen sprachlicher Verarbeitung. Die Ergebnisse des Projekts werden zu aktuellen Debatten in der Kognitionswissenschaft beitragen, z.B. in der Sprachwissenschaft, der Philosophie, der Psychologie, und Neuro-Linguistik, und dementsprechend zu unserem Verständnis menschlicher Kognition allgemein beitragen.
Weitere Informationen (Englisch)
Mittelgeber: DFG
Projektleitung: Laura Kallmeyer und Rainer Osswald (Institut für Linguistik)
Laufzeit: 10/2024 – 09/2027
Kooperationspartner: Benoit Crabbé (Université Paris Cité), Timothée Bernard (Université Paris Cité), Elisabetta Jezek (University of Pavia), Peter Sutton (Universitat Pompeu Fabra Barcelona)
Theorien der semantischen Komposition müssen in der Lage sein, das flexible semantische Verhalten von Wörtern zu erfassen, wie es sich oft bei ihrem Vorkommen in syntagmatischen Beziehungen zeigt. Das Projekt befasst sich mit zweierlei Phänomenen dieser Art. Das erste Phänomen betrifft die variierenden, von den Prädikationen, in denen sie vorkommen, abhängenden Bedeutungsbeiträgen inhärent polysemer Wörter. Inhärente systematische Polysemie bedeutet, dass ein Wort oder eine Phrase zwei oder mehr klar unterscheidbare Interpretationen erlaubt und dass es noch andere Wörter bzw. Phrasen gibt, welche das gleiche Muster semantischer Variation aufweisen. Bekannte Beispiele sind Nomen wie "Buch" und "Brief", die auf physische Objekte aber auch auf abstrakte Informationsobjekte verweisen können, sowie "Mittagessen" oder "Abendessen", die sich auf die betreffende Nahrung aber auch auf das Ereignis der Nahrungsaufnahme beziehen können. Für solche Nomen ist es charakteristisch, dass sie in Koprädikationskonstruktionen verwendet werden können, wie etwa "den Brief auswendig lernen und verbrennen", in denen zwei oder mehr Prädikate, die auf unterschiedliche Bedeutungsfacetten abzielen, auf ein und dasselben Argument angewendet werden. Beim zweiten Phänomen geht es um die systematischen Erzwingung (Coercion) semantischer Anreicherung, die erfolgt, wenn die Diskrepanz zwischen dem sematischen Typ des Arguments und den durch das Prädikat gegebenen semantischen Restriktionen nicht durch die Auswahl einer Bedeutungsfacette aufgelöst wird, sondern durch einen erweiterten Kompositionsmodus, bei dem die erforderliche Information hinzugefügt wird, die die Diskrepanz beseitigt. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Phasenverb wie "beenden" oder ein psychisches Verb wie "genießen" mit einem Argument wie "Brief" oder "Kaffee" vorkommt, das kein Ereignis bezeichnet. Ziel des Projekts ist die Entwicklung einer Frame-semantischen Erfassung der genannten Phänomene, die reichhaltige semantische Repräsentationen im Lexikon mit einem formalen Modell flexibler Kompositionalität an der Schnittstelle von Syntax und Semantik zusammenbringt. Dieser Herangehensweise liegt die Hypothese zu Grunde, dass (i) sich eine Frame-basierte semantische Dekomposition für die Modellierung der verschiedene Bedeutungsfacetten eines polysemen Wortes sowie der Beziehungen zwischen diesen besonders gut eignet, und dass (ii) eine Architektur der Syntax-Semantik-Schnittstelle, welche semantische Frames mit den syntaktischen Elementarbäumen der Lexicalized Tree Adjoining Grammars verknüpft, den richtigen Umfang an Flexibilität zur Modellierung von Koprädikations- und Coercion-Konstruktionen bereitstellt. Darüber hinaus werden die im Projekt entwickelten theoretischen Analysen auf eine breite empirischer Datenbasis bezogen, die insbesondere halbautomatisch aus Korpora extrahierte Koprädikations- und Coercion-Konstruktionen umfassen soll.
Weitere Informationen (Englisch)
Mittelgeber: DFG
Projektleitung: Christoph Spörlein (Institut für Sozialwissenschaften)
Laufzeit: 10/2024 – 04/2026
Kooperationspartner: Wiebke Schulz (Universität Bremen)
Die Herkunftsfamilie spielt eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der Lebenschancen von Kindern, insbesondere durch die Beeinflussung des Lern- und Bildungserfolgs im frühen Lebensverlauf. Während die Forschung solide Zusammenhänge zwischen elterlichem Verhalten und Investitionen und den Ergebnissen der Kinder festgestellt hat, bleibt die Rolle genetischer Einflüsse und insbesondere des Zusammenspiels genetischer und sozialer Wege unklar. Wir untersuchen das Zusammenspiel zwischen sozialen und genetischen Einflüssen der Herkunftsfamilie im frühen Lebensverlauf über verschiedene Entwicklungskontexte hinweg. Die Prämisse dieses Projekts ist, dass die Herkunftsfamilie die Grundsteine für Erfahrungen in verschiedenen Kontexten im frühen Lebensverlauf legt; verschiedene soziale und genetische Einflüsse beeinflussen die Entwicklungschancen und -hürden von Kindern. Genetisch sensitive Designs ermöglichen ein besseres Verständnis der Heterogenität von Umweltfaktoren sowie genetischen Faktoren und deren Zusammenspiel. Wir werden die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in vier Kontexten untersuchen: (1) Fernunterricht während der COVID-Krise (2) außerschulische Aktivitäten und (3) Ungleichheit beim Bildungserfolg in ländlichen und städtischen Gebieten.
Wir verwenden genetisch-sensitive Forschungsdesigns wie Zwillingsstudien, um die relative Bedeutung von genetischen und umweltbedingten Einflüssen zu quantifizieren ebenso wie „polygenic risk scores“, die das genetische Potenzial einer Person für das untersuchte Merkmal oder Verhalten erfassen. Die Integration von Erkenntnissen und Methoden aus der verhaltensgenetischen Literatur ermöglicht Sozialwissenschaftlern ein tieferes Verständnis dafür, wie sich kognitive sowie bildungsbezogene Leistungen im frühen Lebensverlauf entwickeln. Die vorgeschlagenen Forschungsprojekte werden innovative Einblicke in Mechanismen liefern, wie soziale und genetische Vorteile zusammenspielen, wie sie frühe Leistungen fördern oder wie sie die kindliche Entwicklung behindern können.
Mittelgeber: DFG
Projektleitung: Guido Thiemeyer (Institut für Geschichtswissenschaften)
Laufzeit: 2020 - 10/2025
Das Projekt untersucht die Auswirkungen der supranationalen Europäischen Integration auf das föderale System der Bundesrepublik Deutschland und die Entstehung des Europäischen Mehrebenensystems. Beginnend mit dem Vertrag über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl von 1952 übertrug die Bundesregierung bis 1992 wesentliche Teile nationaler Souveränität an die Europäischen Gemeinschaften. Damit entzog sie zugleich den Ländern ihre über den Bundesrat institutionell gesicherten Mitwirkungsrechte im jeweiligen Politikfeld. Die Länder reagierten hierauf, indem sie informelle Strukturen der Mitwirkung, zum Teil ohne Beteiligung der Bundesregierung aufbauten. Es wird die These aufgestellt, dass sich zwischen 1950 und 1992 ein fundamentaler Wandel des politischen Systems in der Bundesrepublik Deutschland vollzog, der von der (medialen) Öffentlichkeit gar nicht beachtet oder diskutiert wurde. Obwohl die Verfassung nicht entscheidend verändert wurde, war der Staat Bundesrepublik Deutschland des Jahres 1949 in wichtigen Politikfeldern kaum noch identisch mit jenem der 1990er Jahre. Es entstand schrittweise ein neues politisches System, das in den Politikwissenschaften seit den 1980er Jahren als „Mehrebenensystem“ bezeichnet wird. Das Projekt untersucht die Genese dieses Mehrebenensystems am Beispiel von drei Politikfeldern: Die Kohle- und Stahlpolitik und die Agrarpolitik wurden schon früh europäisiert. Die Bildungspolitik gehört zu den klassischen Kompetenzen der Länder, jedoch nahm die Europäische Kommission schon bald auch hierauf Einfluss. Erstmals wird in diesem Projekt auf der Basis von nun zugänglichen, archivalischen Quellen untersucht, wie das so genannte „Europäische Mehrebenensystem“ zwischen 1950 und 1992 entstand.
Mittelgeber: Ministerium für Kultur und Wissenschaft
Projektleitung: Andrea von Hülsen-Esch (Institut für Kunstgeschichte)
Laufzeit: 01/2024 – 12/2024
Kooperationspartner: Rheinisches Archiv für Künstlernachlässe (RAK), Bonn
Das Projekt gibt aufschlussreiche Einblicke in die Vorgeschichte der Düsseldorfer Künstlervereinigung Das Junge Rheinland und die deutsche Kunstszene der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Bereits während seines Studiums an der Düsseldorfer Kunstakademie wirkte Clarenbach maßgeblich im Düsseldorfer Ausstellungsbetrieb und war im Laufe der Jahre Mitglied zahlreicher Künstlervereinigungen – u.a. des Sonderbundes. Bei der Erschließung und Erforschung des schriftlichen Nachlasses stehen zwei Forschungsfragen im Vordergrund, die für die Struktur der zeitgenössischen (rheinischen) Kunstszene insgesamt von Bedeutung sind. Zum einen sollen an der Person Max Clarenbach exemplarisch die (Ausstellungs-)Netzwerke rheinischer Künstler*innen und Künstlergruppen im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts sichtbar gemacht werden. Zum anderen wird bei der Auswertung der Tagebücher, Korrespondenzen und Aufzeichnungen die Rolle der Künstlerinnen im Rheinland untersucht werden.
Mittelgeber: DFG
Projektleitung: Jens Fleischhauer (Institut für Linguistik)
Laufzeit: 04/2025 – 03/2028
Kooperationspartner: Stefan Hartmann (Institut für Germanistik, Heinrich-Heine-Universität), Maarten Boogards (Universität Leiden), Nadine Proske (Leibniz-Institut für deutsche Sprache, Mannheim)
In der Regel wird das Prädikat eines Satzes durch ein finites Verb (z.B. beobachte) ausgerückt. Deutsch, aber auch andere Sprachen, können Satzprädikate auch durch komplexere Ausdrücke ausdrücken. Ein Typ solcher komplexeren Ausdrücke (z.B. unter Beobachtung stehen) wird als ‚Funktionsverbgefüge‘ bezeichnet. Obwohl es seit Jahrzehnten intensive Forschung zu Funktionsverbgefügen gibt, sind immer noch zahlreiche zentrale Fragen ungeklärt. In der ersten Projektphase haben wir systematische Muster in der Bildung dieser Ausdrücke mittels korpuslinguistischer Verfahren untersucht. Die zweite Projektphase wird das Augenmerk stärker auf die in diesen Ausdrücken vorkommenden Verben legen und untersuchen, ob und wenn ja wie sie sich von anderen Verben (z.B. Vollverben, Hilfsverben) unterscheiden.
Weitere Informationen (englisch)
Mittelgeber: Deutsches Zentrum Kulturgutverluste
Projektleitung: Stefanie Michels (Institut für Geschichtswissenschaften)
Laufzeit: 2021 - 2025
Kooperationspartner: University Dschang (Kamerun); Reiss-Engelhorn-Museum (Mannheim); Rautenstrauch-Joest-Museum (Köln)
Die bisher auf diverse Standorte (Museen, Archive, Bibliotheken) verstreute Sammlung Thorbecke wird durch das Projekt zusammengeführt. Das Projekt stellt die systematische Dokumentation nach wissenschaftlichen Qualitätskriterien sicher. Eine Übersetzung zentraler Texte macht diese auch für nicht-deutschsprachige Forscher (z.B. in Kamerun) zugänglich. Die Provenienzen der Kulturgüter, menschlichen Überreste, zoologischen, botanischen und geologischen Objekte werden soweit es aufgrund der schriftlichen Überlieferung möglich ist, geklärt (Universität Düsseldorf). Darüber hinaus werden auch immaterielle Kulturgüter (Bilder und Lautaufnahmen) in das Projekt integriert und Provenienzfragen hierzu angesprochen (beispielsweise die Frage der Freiwilligkeit/Unfreiwilligkeit der Teilnahme daran). Die Ergebnisse werden in verschiedenen Wissensinstitutionen in Kamerun zugänglich gemacht (Archiven, Universitäten, Museen, Bibliotheken).
Mittelgeber: DFG
Projektleitung: Stefan Hartmann (Institut für Germanistik)
Laufzeit: 2021 - 2024
Dieses Projekt widmet sich der Frage, wie im Gegenwartsdeutschen auf zukünftige Ereignisse Bezug genommen wird und wie sich die Konventionen für den Zukunftsausdruck über die letzten Jahrhunderte verändert haben. Hierfür wird ein korpusbasierter Zugang gewählt, d.h. es wird mit authentischen Daten gearbeitet, wie sie für die zu untersuchende Zeitspanne gerade in den letzten Jahren in bislang beispiellosem Umfang verfügbar geworden sind. Das Projekt gliedert sich in zwei Bereiche: a) Aus historischer Perspektive wird untersucht, wie die Konstruktion werden + Infinitiv (z.B. „ich werde morgen nach Hamburg fahren“) entstanden ist und welche anderen Konstruktionen als Vorgänger- bzw. Konkurrenzkonstruktionen gelten können. Beispielsweise wird häufig angenommen, dass Modalverbkonstruktionen, insbesondere sollen + Infinitiv, im Mittelhochdeutschen ebenfalls zum Zukunftsausdruck verwendet werden konnten und möglicherweise über Analogiebildung auch bei der Entwicklung und Durchsetzung von werden + Infinitiv eine entscheidende Rolle spielten. Auch der Gebrauch von werden mit Partizip („es wird regnend“) gilt als mögliche Vorläuferkonstruktion. Das Projekt geht die in der Forschung hochumstrittene Frage nach dem Verhältnis der unterschiedlichen Konstruktionen mit einem datengetriebenen Ansatz an. Hierfür werden aus den teilweise erst kürzlich verfügbar gewordenen Referenzkorpora der historischen Sprachstufen des Deutschen sämtliche Belege für alle relevanten Konstruktionen erhoben und auf semantische und syntaktische Kriterien hin analysiert, um zu überprüfen, in welchem Maße die jeweiligen Konstruktionen tatsächlich zum Zukunftsausdruck verwendet werden, welche der zahlreichen in der Literatur vorgeschlagenen Faktoren bei der Wahl der Konstruktion eine Rolle spielen und wie diese Faktoren miteinander interagieren. b) Aus gegenwartssprachlicher Perspektive wird untersucht, welche Faktoren die Wahl zwischen den beiden in der Gegenwartssprache mit Abstand wichtigsten Möglichkeiten des Futurausdrucks steuern, nämlich zum einen der Konstruktion werden + Infinitiv und zum anderen dem sog. futurischen Präsens (z.B. „ich gehe morgen ins Kino“). Es wird angenommen, dass zum einen Textsorten und Register (konzeptionell eher nähesprachliche vs. distanzsprachliche Kommunikation), zum anderen semantische Faktoren wie temporale Distanz und syntaktische Faktoren wie das Auftreten anderer Konstruktionen mit „werden“ im unmittelbaren Kontext oder das Auftreten in negierten Kontexten und Fragekonstruktionen eine Rolle spielen. Zusammengenommen können die Studien zu historischen und gegenwartssprachlichen Konventionen des Zukunftsausdrucks dazu beitragen, eine Reihe offener Fragen zu klären, die in der Forschung zwar aus theoretischer Perspektive breit diskutiert wurden, die sich nun aber erstmals auf Grundlage einer umfassenden empirischen Datenbasis angehen lassen.
Mittelgeber: BMBF
Projektleitung: Dr. Dennis Frieß (Düsseldorfer Institut für Internet und Demokratie (DIID), Jun.-Prof. Tobias Escher, Jun.-Prof. Dr. Marc Ziegele (Institut für Sozialwissenschaften)
Laufzeit: 11/2023 - 10/2026
Online-Diskurse sind ein Teil unseres Alltages geworden. Allerdings ist die Qualität dieser Diskurse oft schlecht. Das kann viele negative Folgen haben. Unter anderem hält es Menschen davon ab, sich selbst einzubringen. IndI möchte in einem offenen Forschungsprozess KI-basierte Interventionen entwickeln, die dabei helfen sollen, Online-Diskurse integrativer zu machen als bisher.
Dafür werden zuerst gemeinsam mit Bürger*innen, Zivilgesellschaft und Organisator*innen von Online-Diskursen Ideen darüber gesammelt, was integrative Online-Diskurse ausmacht und wie man Online-Diskurse verbessern kann. Davon ausgehend werden KI-Interventionen entwickelt und mit Nutzer*innen getestet. Das Feedback der Nutzer*innen aus den Tests wird wiederum in den Forschungsprozess eingespeist, um schließlich eine funktionsfähige KI-Anwendung zu erhalten. Diese soll zum Ende des Projekts in einem Experiment getestet werden. Die wissenschaftliche Analyse soll zeigen, ob die KI-Anwendung tatsächlich zu integrativeren Online-Diskursen führt und was Nutzende aus diesen Diskursen mitnehmen.
Mittelgeber: DFG
Projektleitung: Gottfried Vosgerau (Co-PI) & David Löwenstein (Co-PI) (beide vom Institut für Philosophie)
Laufzeit: 12/2024 – 11/2027
Ziel der Argumentationstheorie und der angewandte Argumentanalyse ist es, Begründungen und Begründungsstrukturen verständlich zu machen. Dazu werden rationale Rekonstruktionen von einzelnen Argumenten sowie von Netzwerken mehrerer aufeinander bezogener Argumente vorgelegt und philosophisch reflektiert. Dabei werden auch implizite Elemente sichtbar gemacht, etwa implizite Prämissen, teils aber auch implizite Konklusionen oder gar ganze implizite Argumente, die sich aus der womöglich nicht explizit benannten Rolle eines Beitrags in einer komplexeren Diskussionssituation ergeben. Das Problem ist jedoch, dass menschliche Überzeugungsbildung oft „irrationalen“ Einflüssen unterliegt, die zu falschen Überzeugungen führen. Bislang spielen kognitive Verzerrungen bei der Rekonstruktion von Argumenten praktisch keine Rolle. Ein Grund dafür dürfte sein, dass kognitive Verzerrungen Prozesse sind, die in der Regel unbewusst ablaufen und auch nicht bewusst gesteuert werden können. Da sie zumindest vordergründig keiner oder nur geringer kognitiver Kontrolle unterliegen, scheint es, dass sie daher in Argumenten auch nicht als Prämissen oder Gründe angeführt werden können. Ein weiterer Grund, dass kognitive Verzerrungen in der Argumentrekonstruktion bislang nicht berücksichtigt wurden, liegt darin, dass kognitive Verzerrungen qua ihrer Definition als „irrational“ gelten. Bei der Argumentrekonstruktion ist jedoch mit guten Gründen das Prinzip des Wohlwollens wichtig. Nach diesem Prinzip sollen Argumente stets möglichst stark, rational und plausibel rekonstruiert werden, einschließlich impliziter und wohlwollend reformulierter Elemente. Eine adäquate Einbeziehung der Tatsache, dass Menschen Überzeugungen auf „irrationale“ Weise bilden, ist somit bei der Argumentationsrekonstruktion methodisch deutlich erschwert, vielleicht sogar ausgeschlossen. Ziel des vorliegenden Projekts ist es, kognitive Verzerrungen und andere Erklärungsstrategien, wie Informationsdefizite oder Tugenddefizite, in die Rekonstruktion von Argumenten zu integrieren, ohne das Prinzip des Wohlwollens zu verletzen. Die bestehende Methode der rationalen Argumentrekonstruktion soll ergänzt und weiterentwickelt werden, hin zur neuen Methode der kognitiv-rationalen Rekonstruktion von Argumenten. Diese Methode soll dazu dienen, auch dort Begründungen sichtbar zu machen, wo sie bisher nicht sichtbar waren. Dadurch sollen die aus der psychologischen Forschung bekannten Effekte kognitiver Verzerrungen und Biases, so weit irgend möglich, als Teile der inhaltlichen Debatte sichtbar werden statt als vermeintlich irrationale Fremdkörper oder evolutionär herausgebildete Automatismen unsichtbar zu bleiben. Dies bildet die Grundlage für eine faire Diskussion von Begründungen, die nicht im ideal-rationalen Raum verbleibt, sondern an empirische Gegebenheiten des menschlichen Denkens anschließt.
Mittelgeber: DFG
Projektleitung: Dirk Rohmann (Institut für Geschichte)
Laufzeit: 04/2024 – 03/2027
Die hellenistische Geschichtsschreibung ist lediglich als Trümmerfeld überliefert. Die sich aus dieser literarischen Quellenbasis ergebenden wissenschaftlichen Fragestellungen sind naturgemäß begrenzt. Sie können auf eine neue methodische Grundlage gestellt werden, indem die Überlieferungsbedingungen selbst untersucht werden. Es ist daher an der Zeit, eine solche Untersuchung für den besonders relevanten Zeitraum des späteren Römischen Reiches (1. bis. 6. Jh.) erstmalig in Angriff zu nehmen. Dies gilt insbesondere für die Überlieferung und Rezeption durch christliche Autoren, die in sich weitgehend geschlossen und homogen sind. Zwar liegt mit den von Felix Jacoby begründeten Fragmenten der griechischen Historiker die autoritative Materialsammlung vor, aus der sich unmittelbar quantitative Daten ergeben. Weder die Fragmentedition noch die Kommentierung geben jedoch qualitative Auskünfte über Kontexte und Interessen, unter denen die Geschichte des Hellenismus (ca. 336-31 v. Chr.) rezipiert. wurde. Begünstigt wird eine solche Forschung in neuester Zeit durch die verbesserte Zugänglichkeit der Fragmente und Covertexte durch digitale Datenbanken.
Die Erinnerung an die Vergangenheit verändert sich mit dem Auftreten von Gruppen, die eine neue religiöse oder ethnische Selbstidentifikation teilen. Das Christentum setzte sich darin von dem kulturellen Rahmen der paganen Umwelt ab, indem es Texte als heilig, kanonisch und unwandelbar ansah und an folgende Generationen tradierte. Dabei hat die Forschung das Christentum als in der hellenistischen Welt beheimatet verankert, in der sich griechische Kultur und Ideen im gesamten Mittelmeerraum und darüber hinaus verbreitet haben. Aus diesen beiden Perspektiven ergibt sich daher ein Spannungsverhältnis, welches das Forschungsvorhaben mit einem neuen Ansatz untersuchen soll. Das Projekt soll in Form einer Monographie der Frage nachgehen, welche inhaltlichen, religiösen, gattungsbedingten und geographischen Faktoren die christliche Tradierung des Wissens über hellenistische Historiker von der römischen Kaiserzeit bis in die Spätantike hinein bestimmt haben. Die Fragmente hellenistischer Historiker sollen dabei geordnet nach überlieferndem Autor (Covertext) kommentiert und im Hinblick auf Überlieferungskontext, Sprach- und Wissenssituation analysiert werden, um auf diese Weise neue Zugänge zur Welt des Hellenismus zu gewinnen.
Mittelgeber: DFG
Projektleitung: Simon David Stein (Institut für Anglistik und Amerikanistik)
Laufzeit: 12/2023 - 11/2026
Wir bewerten nicht nur, was jemand sagt, sondern auch, wie jemand spricht: Wir haben sogenannte Spracheinstellungen. Beispielsweise kann eine Sprache oder Varietät (z. B. Französisch, Südirisches Englisch) als “angenehmer” im Klang empfunden werden als eine andere (z. B. Deutsch, Birmingham-Englisch). Solche Einstellungen haben ernste politische und soziale Folgen, darunter Diskriminierung. Eine der großen ungelösten Fragen ist, wie Spracheinstellungen entstehen. Welche Faktoren führen dazu, dass wir bewertend auf Sprache reagieren? Die Indexikalitätsforschung nimmt an, dass Einstellungen sich nicht aufgrund sprachlicher Merkmale bilden, sondern vermittelt über unsere Wahrnehmung der Sprechenden. Die Ikonizitätsforschung dagegen weist darauf hin, dass Bewertungen auch durch die sprachlichen Merkmale selbst beeinflusst werden. Beide Hypothesen können wahr sein, jedoch gibt es wenig Forschung, die ihr Verhältnis und ihre Interaktion untersucht.
Das Projekt untersucht die Rolle sowohl sozialer (Indexikalitätsforschung) als auch phonologisch-phonetischer Prädiktoren (Ikonizitätsforschung) in der Entstehung von Spracheinstellungen. Indem es die beiden Gebiete zusammenbringt, stellt es die Fragen, welche sozialen und linguistischen Variablen (welche) Bedeutungsassoziationen vorhersagen können, ob manche Assoziationen durch eine der beiden Variablengruppen zuverlässiger vorhergesagt werden als durch die andere und ob wir Interaktionen zwischen diesen Gruppen beobachten können.
Zu diesem Zweck werden in Experimenten Einstellungen mithilfe verschiedener Arten von Stimuli erhoben: Teilnehmende reagieren auf (1) reale, nicht-manipulierte Sprachstimuli, (2) manipulierte Stimuli, in denen manche Merkmale selektiv durch andere ersetzt werden, und (3) Pseudovarietäten, d. h. Stimuli nicht existierender Varietäten, die von Grund auf neu entwickelt werden. Die Studien testen diverse Sprachen unterschiedlicher Sprachfamilien sowie verschiedene Varietäten des Englischen. Statistisch werden verschiedenste Bewertungsdimensionen (z. B. Sympathie, Kompetenz, Schönheit, Intelligenz) durch diverse soziale Prädiktoren (z. B. Sprach- und Kulturkontakt, Distanz der Stimuli zu den Sprachen der Teilnehmenden) und linguistische Prädiktoren (z. B. Silbenstruktur, F0, Sonorität, Stimmhaftigkeit, Isochronie) modelliert. Zuletzt wird ein neues theoretisches Modell entwickelt, das Indexikalität und Ikonizität in einer vereinten Theorie zusammenführt.
Das Projekt trägt somit zum Erkenntnisgewinn auf drei Ebenen bei: empirisch, indem es die sozialen und linguistischen Mechanismen in Assoziationen von Form und Bedeutung entwirrt; theoretisch, in dem es dazu beiträgt, deren Natur besser zu verstehen; und gesellschaftlich, indem es uns hilft, linguistischen Vorurteilen besser entgegenzuwirken.
Mittelgeber: BMBF
Projektleitung: Stefan Marschall (Institut für Sozialwissenschaften, Abt. Politikwissenschaft); Projektkoordination: Daniel Hagemann (Institut für Sozialwissenschaften, Abt. Politikwissenschaft)
Laufzeit: 04/2024 – 11/2024
Kooperationspartner: Akki – Aktion & Kultur mit Kindern e.V. , denXte – Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Unter dem Leitmotiv „Meine Freiheit – Deine Freiheit ?!“ setzt sich das Projekt im Wissenschaftsjahr 2024 mit verschiedenen Freiheitsverständnissen auseinander und möchte einen diskursiven Austausch anregen. So hat das Projekt zum Ziel, mit Menschen jeden Alters und verschiedener Hintergründe über Freiheit zu diskutieren: Hat Freiheit Grenzen? Müssen, können und dürfen Freiheiten gegeneinander aufgewogen werden? Wie kann Freiheit geschützt werden? Wie blicken wir im Jahr 2024 auf Freiheit?
Mittelgeber: Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Projektleitung: Frank Marcinkowski, Ko-Leitung: Fabian Anicker, KMW I (Institut für Sozialwissenschaften)
Laufzeit: 09/2024 – 08/2026
Das Projekt erforscht mittels bevölkerungsrepräsentativer Umfragen den Einfluss, den KI auf das Leben der Menschen in Arbeit und Freizeit hat. Im Rahmen einer bevölkerungsrepräsentativen Längsschnittstudie werden Einstellungen zu KI sowie die insbesondere arbeitsbezogene Nutzung von KI-Anwendungen in der Bevölkerung erhoben und wissenschaftlich ausgewertet. So lassen sich kognitive, emotionale, soziale und politische Reaktionen der Betroffenen auf die Veränderungen der Arbeits- und Alltagswelt im Zeitverlauf nachvollziehen. In zwei vertiefenden Sonderstudien werden Ursachen für die beobachteten Entwicklungen erforscht. Eine Studie zur sozialen Verankerung von KI-Einstellungen in sozialen Milieus, wird ein nach Lagen, Einstellungen und Beruf differenziertes Bild von KI-Milieus zeichnen. Eine weitere Studie erhebt über ein Conjoint-Experiment jene Faktoren, die die Akzeptanz von KI-Systemen am Arbeitsplatz bedingen.
Mittelgeber: DFG
Projektleitung: Kilu von Prince (Institut für Linguistik)
Laufzeit: 01/2024 - 12/2026
Kooperationspartner: Stefan Hartmann (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf), Kristian Berg (Universität Bonn), Eleanor Ridge (Massey University, Neuseeland)
Das Projekt untersucht die lautliche und handschriftliche Realisierung von Wortgrenzen in den beiden verwandten ozeanischen Sprachen Dalkalaen und Daakaka. Es erzeugt zudem die erste grammatische Beschreibung der bislang unbeschriebenen Sprache Dalkalaen.
Mittelgeber: MKW NRW
Projektleitung: Jasmin Grande („Moderne im Rheinland“/Zentrum für Rheinlandforschung)
Laufzeit: 11/2021 - 12/2024
Von 1949 bis 1991 war NRW das Gastland der Bonner Republik. Das interdisziplinäre Forschungsprojekt untersucht den wechselseitigen Einfluss von Region, Geschichte und Erinnerungsraum Bonner Republik aus kulturtopographischer Perspektive. Die Forschungsergebnisse des Projekts werden auf einer eigenen Homepage präsentiert, die jedoch ausdrücklich einen partizipativen Anspruch vertritt.
Mittelgeber: DFG
Projektleitung: Gerhard Schurz, Gottfried Vosgerau (Institut für Philosophie)
Laufzeit: 2021 - 2024
Wie werden Begriffe und ihre Bedeutungen kognitiv repräsentiert? Was geht in unserem Geiste vor, wenn wir Gegenstände durch ihre charakteristischen Merkmale erfassen und darüber mit anderen Personen kommunizieren? Ein bedeutender sprachwissenschaftlicher und philosophischer Ansatz zur Beantwortung dieser Fragen ist die Frame-Theorie der Begriffe, die an der HHU Düsseldorf im Rahmen des Sonderforschungsbereichs SFB 991 weiterentwickelt wurde. Das DFG-gefördertes Nachfolgeprojekt des SFB "Parametrisierte Frames und konzeptuelle Räume" erforscht die Erweiterung des Frame-Ansatzes, die auf der Theorie der kognitiven Räume beruht. In kognitiven Räumen werden Begriffsbedeutungen in räumlich-geometrischer Weise beschrieben, woraus sich in Verbindung mit der Frametheorie daraus ein neuartiger und besonders leistungsfähiger Theorieansatz ergibt, dessen Erforschung sich Prof. Dr. Gerhard Schurz, Prof. Dr. Gottfried Vosgerau, Dr. Paul Thorn, Dr. Matias Osta-Velez, M.A. Sebastian Scholz und Dr. Maria Sekatskaya aus dem Institut für Philosophie gewidmet haben.
Mittelgeber: DFG
Projektleitung: Paul Lukas Hähnel (Institut für Geschichtswissenschaften)
Laufzeit: 04/2025 – 03/2028
Das Projekt untersucht die Verflechtung des Deutschen Bundestags mit europäischen parlamentarischen Versammlungen durch Doppelmandate in der Konstituierungsphase der Bundesrepublik Deutschland (1950-1979/1980). Bis zur Mitte der 1950er Jahre entstanden mit dem Europarat, der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und der Westeuropäischen Union drei Organisationen, die darauf abzielten, die Zusammenarbeit zwischen den westeuropäischen Staaten zu fördern. Diese Organisationen spannten durch ihre parlamentarischen Versammlungen eine europäische parlamentarische Ebene auf, da sie miteinander durch formelle und informelle Beziehungen verbunden waren und sich aus Abgeordneten der nationalen Parlamente zusammensetzten. Die Parlamentarier erhielten damit ein Doppelmandat und konnten sowohl auf der nationalen als auch auf der internationalen Ebene agieren. Das Projekt zeichnet zum einen den Verflechtungsprozess des Bundestags mit der entstehenden europäischen parlamentarischen Ebene nach. Zum anderen arbeitet es heraus, welche Bedeutung Doppelmandatsträger für die Entwicklung der parlamentarischen Praxis in der Bundesrepublik Deutschland und für den innerparteilichen Europadiskurs hatten. Der Fokus liegt auf einzelnen Parlamentariern, die vergleichbare Funktionen auf beiden parlamentarischen Ebenen ausgeübt haben.
Weitere Informationen
Mittelgeber: DFG Sachbeihilfe
Projektleitung: Thomas Winzen (Institut für Sozialwissenschaften)
Laufzeit: 04/2025 – 03/2028
Dieses Projekt beginnt mit einem Puzzle: Seit über einem Jahrzehnt verzichtet die Europäische Union (EU) weitestgehend auf die Nutzung ihrer wichtigsten Instrumente, um den Abbau der Demokratie in einigen Mitgliedstaaten zu erschweren. Andererseits sehen wir – vor allem in den letzten Jahren – Ausnahmen von diesem zurückhaltenden Ansatz. Beispielsweise wurden Gelder, die Ungarn aus dem EU-Haushalt erhalten sollte, eingefroren. Wie lässt sich diese Varianz im Handeln der EU gegen Demokratieabbau erklären? Was motiviert die EU, entschieden gegen Demokratieabbau und Erosion der Rechtstaatlichkeit vorzugehen?
Dieses Projekt stellt die Rolle von Europas Parlamenten und deren Einfluss auf das Handeln der EU gegen Demokratieabbau ins Zentrum der Untersuchung. Mein Ziel ist, einen neue Mehrebenenperspektive auf parlamentarische Accountability zu entwickeln und zu testen, ob und wie Mehrebenenkonfigurationen von parlamentarischer Accountability das Handeln der EU beeinflussen. Die Grundidee ist, dass Parlamente die Europäische Kommission und den Rat unter Druck setzten können, gegen Demokratieabbau vorzugehen, dass dies jedoch von europaweiten Mehrebenenkonfigurationen im Verhalten der nationalen Parlamente und des Europäischen Parlaments abhängt. Ich schlage vor, dass ein entschiedenes Vorgehen der EU gegen Demokratieabbau wahrscheinlicher wird, je stärker, synchronisierter, kongruenter, und inhaltlich konsistenter parlamentarische Accountability europaweit ausgeprägt ist. Dieses Projekt dient der Ausarbeitung dieses Arguments, sowie der Entwicklung von Konzepten und Maßen, um Mehrebenenkonfigurationen der parlamentarischen Accountability systematisch zu erfassen und mit dem Handeln der EU in Verbindung zu bringen.
Vor dem Hintergrund eines Verständnisses von parlamentarischer Accountability als parlamentarische Debatte schlage ich vor, neue, vergleichende Daten zu Ausmaß und Inhalt von parlamentarischen Debatten zum Demokratieabbau und der Rolle der EU in diesem Kontext zu erheben. So ermöglicht dieses Projekt, das „wann“ und „warum“ der parlamentarischen Debatte systematisch zu beschreiben und analysieren, sowie zu messen, wie kongruent sich Europas Parlamente in dieser Frage verhalten. Aufbauend auf dem Konzept der Entscheidungsgelegenheit wird dieses Projekt zudem systematisch Momente identifizieren, in denen die Kommission oder der Rat der EU die Gelegenheit hatten, gegen Demokratieabbau in den Mitgliedstaaten vorzugehen oder dies nicht zu tun. Die Entscheidungen der EU-Institutionen in diesen Momenten können dann systematisch zu verschiedenen Mehrebenenkonfigurationen von parlamentarischer Accountability in Verbindung gesetzt werden, um zu verstehen, ob und wie Parlamente zum Schutz der Demokratie in den Mitgliedstaaten der EU beitragen können.
Mittelgeber: DFG Sachbeihilfe
Projektleitung: Harald Conrad (Institut für Modernes Japan)
Laufzeit: 04/2024 - 03/2027
Das Forschungsprojekt untersucht die soziale und wirtschaftliche (Re-)Organisation in traditionellen Kunsthandwerksindustrien und ihren Märkten im Japan des 21. Jahrhunderts. Trotz seiner rasanten Entwicklung als drittgrößtes Industrieland ist es Japan gelungen, verschiedene Kunsthandwerke und Kunsthandwerksbezirke mit ausgeprägten regionalen Merkmalen bis in die Gegenwart zu erhalten. Während die Forschung nachfrage- und angebotsseitige Faktoren für den "Erfolg" des japanischen Kunsthandwerks angeführt hat, bleibt unklar, inwieweit diese Erklärungen heute noch relevant sind und wie sich das Kunsthandwerk seit den frühen 1990er Jahren entwickelt hat. Weltweit zeigen die Mittelschichten eine wachsende Vorliebe für handgefertigte Produkte, die in Diskursen über nachhaltige Produktion, ethische Lebensweise, Konsumwerte und Authentizität eine Rolle spielen. Im Zuge dieser Entwicklung hat auch das neue westliche Kunsthandwerksunternehmertum akademische Aufmerksamkeit erhalten. Die derzeitige Reorganisation bestehender Handwerksbezirke ist jedoch nur unzureichend erforscht. Diese Analyse jüngerer Veränderungen des Kunsthandwerks in Japan soll deshalb nicht nur die spezifischen japanischen Dynamiken der Organisation in Handwerksbezirken beleuchten, sondern auch dazu beitragen, unser grundsätzliches Verständnis der strukturellen Grundlagen für eine mögliche Wiederbelebung von Gemeinschaften und die regionale Entwicklung durch handwerkliche Produktion in Industrieländern zu erweitern. Dabei verfolgt das Projekt einen wirtschaftssoziologischen Ansatz. Um Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Strukturen, Praktiken, Problemen und Problemlösungsmechanismen herauszuarbeiten, sollen dreierlei Typen zeitgenössischen Kunsthandwerks in drei verschiedenen japanischen Handwerksbezirken verglichen werden (Seidenweberei in Kyoto, Lackwarenindustrie in Fukui und Resist-Färberei in Kanazawa). Da sich alle drei Bezirke durch komplexe Organisationsstrukturen mit kooperativer Arbeitsteilung, Unterauftragsvergabe und Vertriebsnetzwerken auszeichnen, stellen sie ideale Standorte für die Untersuchung der Dynamik solcher Organisationsfelder dar. Um einen umfassenden Vergleich zu ermöglichen, konzentriert sich das Projekt insbesondere auf a) die sich wandelnden sozialen und ökonomischen Strukturen der jeweiligen Organisationsfelder mit besonderem Augenmerk auf der Organisation und Risikoverteilung in gemeinschaftlichen Produktionsprozessen, bei der Unterauftragsvergabe und im Vertrieb, b) die Rolle von Expertenwissen und Ausbildungssystemen und ihre jeweiligen Auswirkungen auf Eintrittsbarrieren und generationale Erneuerung des Organisationsfeldes, c) Diskurse zum Verhältnis von handwerklicher und maschineller Produktion, d) den Einfluss nationaler Kunsthandwerkspolitik und die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie.
Mittelgeber: DFG
Projektleitung: Laura Kallmeyer (Institut für Linguistik)
Laufzeit: 10/2024 – 09/2027
Kooperationspartner: Hassan Sajjad (Dalhousie University, Canada)
Der Ausgangspunkt dieses Projekts ist die Beobachtung, dass (i) über verschiedene syntaktische Theorien, verschiedene Baumbankformate und verschiedene Sprachen hinweg eine große Vielfalt syntaktischer Strukturen vorgeschlagen wurde; und (ii) gezeigt wurde, dass selbstüberwachte kontextuelle Sprachmodelle (language models, LMs) syntaktische Informationen in einem gewissen Maße erfassen, obwohl unklar ist, ob und wie gut diese Modelle generalisieren. In diesem Projekt möchten wir neutral in Bezug auf die zugrunde liegende Theorie bleiben und syntaktische Konstituentenstrukturen auf unüberwachte Weise aus LMs induzieren. Wir werden mit verschiedenen Arten von neuronalen Netzwerkarchitekturen experimentieren, die unterschiedliche Annahmen bezüglich der Art von hierarchischer Struktur machen, die wir extrahieren.
Unsere zentralen Forschungsfragen sind:
- Q1 Wie können wir syntaktische Struktur automatisch aus der Verarbeitung von unannotierten Textdaten lernen?
- Q2 Wie stehen die entstehenden Strukturen zu etablierten Kategorien aus der linguistischen Theorie?
- Q3 Wie nützlich sind die entstehenden Strukturen für Anwendungen im Bereich der automatischen natürlichen Sprachverarbeitung (NLP)?
Um Q1 anzugehen, werden wir syntaktische Strukturen auf unüberwachte Weise aus unannotierten Daten lernen. Unser Hauptfokus liegt auf Gruppierungen von Token zu Phrasen und den Kategorien, die diese Phrasen haben, also auf Konstituentenstrukturen. Wir werden jedoch auch die Identifizierung der syntaktischen Köpfe von Konstituenten untersuchen, was es ermöglichen wird, auch eine Dependenzstruktur abzuleiten. Wir werden unsere Modelle für Syntax-Induktion auf eine Reihe von verschiedenen Sprachen anwenden.
In Bezug auf Q2 werden wir unsere Ergebnisse mit einer Reihe von bestehenden syntaktischen Theorien und Annotationsformaten vergleichen. Auf diese Weise hoffen wir einerseits, empirische Beweise für bestimmte Annahmen in der syntaktischen Theorie zu finden, und andererseits eine Konstituentenstruktur zu identifizieren, die aus Textdaten entsteht und daher ein geeigneter Kandidat für syntaktisches Parsing und für Annotation sein könnte.
Q3 zielt darauf ab, letzteres zu bewerten. Idealerweise sollte ein syntaktisches Annotationsformat ausreichend syntaktische Details enthalten, um wertvolle Informationen für nachgelagerte Aufgaben bereitzustellen, während es gleichzeitig ausreichend allgemein und erlernbar ist, um eine qualitativ hochwertige Annotation und gute Ergebnisse beim Parsing zu ermöglichen. Um die Nützlichkeit der entstehenden syntaktischen Strukturen in NLP-Kontexten zu bewerten, werden wir die Ergebnisse verschiedener Induktionsansätze in überwachte Parsing-Architekturen und in mehrere nachgelagerten Aufgaben integrieren.
Mittelgeber: DFG
Projektleitung: David Hommen, Christoph Kann (Institut für Philosophie)
Laufzeit: 2020 – 01/2025
Wie begreifen wir die Welt? Wie repräsentiert unser Geist Gegenstände, Ereignisse, Eigenschaften, Relationen, Arten und Gattungen? Sind die Strukturen unseres kognitiven Weltbezugs analog zu denen unserer Sprache? Und was sagt uns die Art und Weise, wie wir über die Dinge in der Welt denken und sprechen, über die Dinge selbst? Die Theorie der Frames stellt einen aktuellen Ansatz zur Beantwortung dieser Fragen dar. Sie geht davon aus, dass kognitive und sprachliche Repräsentationen von einfachen Objekten bis hin zu komplexen Sachverhalten in rekursiven Attribut-Wert-Strukturen erfolgen – sogenannten Frames –, die die ontologischen Strukturen der Realität widerspiegeln. Doch ist dieses Modell des Verhältnisses von Denken, Sprache und Wirklichkeit tatsächlich neu – oder nur eine moderne Formulierung traditionsreicher Ideen? Falls Letzteres, erbt die Frame-Theorie die bekannten methodologischen und erkenntnistheoretischen Probleme ihrer Vorgängertheorien oder weist sie vielleicht sogar den Weg zu deren Lösung? Diesen Fragen gehen Prof. Dr. Christoph Kann, PD Dr. David Hommen und Frauke Albersmeier M.A. aus dem Institut für Philosophie in dem von der DFG geförderten Forschungsprojekt "Voraussetzungen der Frame-Theorie in der Geschichte der Philosophie" nach.
Mittelgeber: DFG
Projektleitung: Stefan Hartmann (Institut für Germanistik)
Laufzeit: 02/2024 – 01/2027
Kooperationspartner: Kristian Berg (Universität Bonn)
In neuerer Forschung konnte gezeigt werden, dass die innere Struktur von Wörtern (ihre Morphologie) in mehrfacher Hinsicht einen Einfluss auf geschriebene Sprache hat. Spontane, handgeschriebene Texte bieten insofern einen besonders vielversprechenden Zugang zu diesem Verhältnis, als sie meist ohne bewusste, kleinteilige Planung verfasst werden und man viele Korrekturen nachvollziehen kann. Das bedeutet, dass sich alle Faktoren, die die geschriebene Sprache beeinflussen, in handschriftlichen Texten noch deutlicher niederschlagen sollten als z.B. in maschinengeschriebener Sprache, die ja – z.T. mehrfach redigiert – den Großteil unserer schriftsprachlichen Korpora ausmacht. Zweitens gibt es Hinweise darauf, dass die konkrete Form der Buchstaben und Wörter Rückschlüsse darauf zulässt, wie Wörter mental repräsentiert und verarbeitet werden. Aus diesen beiden Aspekten ergibt sich das Hauptziel unseres Projekts: Wir möchten herausfinden, wie Morphologie sich konkret in handgeschriebenen Texten widerspiegelt, und zwar aus zwei Blickwinkeln. Wir möchten untersuchen, wie die morphologische Struktur von Wörtern die Verteilung von Schreibfehlern in diesen Wörtern beeinflusst und was uns das über die Verarbeitung handschriftlich produzierter Wörter aussagen kann (graphematische Perspektive). Wir möchten außerdem untersuchen, ob morphologische Informationen einen Einfluss auf die konkrete Realisierung von Buchstabenformen, die Striche und Bögen, haben (graphetische Perspektive). Für beide Teile greifen wir auf ein transkribiertes und linguistisch annotiertes Korpus von Abiturklausuren zurück.
Mittelgeber: DFG
Projektleitung: Anton Kotenko (Institut für Geschichtswissenschaften)
Laufzeit: 01/2024 – 12/2026
Kooperationspartner: Catherine Gibson (Universität Tartu)
Die Geschichte der russländischen Zoos erweitert sowohl die osteuropäische Imperialgeschichte als auch die Human-Animal-Studies um neue Perspektiven. Zoos galten im späten 19. Jahrhundert als moderne und globale Bildungsinstitutionen. Die Tiere und die Menschen, die sie gründeten, besuchten oder sie auf andere Weise mit Inhalt füllten, ermöglichen es, einen neuen Blick auf die Verflechtungen zwischen nationalen, sozialen oder globalen Intentionen der beteiligten Akteure im Zentrum und an den Peripherien des Vielvölkerreichs zu werfen. Die osteuropäische Zoogeschichte dezentriert die Weltgeschichte der Zoos im 19. Jahrhunderts, die bislang stark westlich und insbesondere britisch geprägt war. Die Geschichte der Zoos im Imperium der Romanovs bietet einen wichtigen politischen und räumlichen Kontext, ohne den die bisherige Globalgeschichte der Human-Animal-Relations unvollständig bleiben muss. Das Projekt globalisiert die Geschichte des Russischen Reiches. Es konzentriert sich auf Kontaktzonen von Tieren, Jägern und Wissenschaftlern und verortet das Imperium solcherart nicht nur in den wissenschaftlichen Diskursen der Zeit, sondern auch innerhalb der Imaginationen von Wildheit und Zivilisation. Darüber hinaus provinzialisiert die Zoogeschichte das Russische Reich auf analytische Weise. Sie ermöglicht es, überkommene Vorstellungen über die politische Dominanz des Zentrums kritisch zu reflektieren. Die Herrschenden versuchten mit einer Vielzahl unterschiedlicher Strategien, die riesigen Territorium mit ihrer Herrschaftsidee zu durchdringen, nicht immer mit Erfolg. Neben dem langen Arm der St. Petersburger Minister und der Herrschaft der Generalgouverneure, gab es durchaus Gestaltungsmöglichkeiten der verschiedensten Untertanengruppen. Vor allem die Zoos an den Peripherien des Reiches ermöglichen es, diese transimperiale Geschichte zu erzählen, an der deutlich wird, dass politische Konzepte, Wissen, aber auch Tiere und Menschen nicht allein vom Zentrum aus in die Peripherie ausstrahlten, sondern im Gegenteil, die Peripherien das Zentrum mitgestalteten und so zur Vision des Imperiums beitrugen. Obwohl Regierungsbeamte und ihre Entscheidungen eine wichtige Rolle bei der Gründung von Zoos im Reich spielten, waren ihre Hauptantriebskräfte Privatpersonen, die nach den großen Reformen der 1860er Jahre ihre Spielräume ausdehnten. Daher verlagert dieses Projekt seinen Fokus nicht nur von St. Petersburg auf die Peripherien des Imperiums, sondern auch vom Staat auf seine Menschen (und Tiere.) Die Zoogeschichte öffnet ein Fenster in eine bisher unbekannte Kultur- und Sozialgeschichte des Reiches, indem sie beispielhaft zeigt, wie Zoos dazu beigetragen haben, die bestehenden sozialen und geschlechtsspezifischen Grenzen aufrechtzuerhalten oder zu überschreiten. Die Verschränkung zwischen menschenzentrierter und Tiergeschichte leistet so einen Beitrag dazu, eine inklusivere Geschichte des Imperiums zu schreiben.