Das Bundesministerium der Justiz hat am 22. April 2002 einen Referentenentwurf für ein Geschmacksmusterreformgesetz (GeschmMRefGE) vorgelegt, mit dem die Richtlinie 98/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1998 über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen (ABl. EG Nr. L 289/28) in deutsches Recht umgesetzt werden soll. Ziel der Richtlinie ist die Rechtsangleichung der nationalen Rechte der Mitgliedstaaten, die wegen ihrer bisher unterschiedlichen Ausgestaltung als Hemmnisse auf dem Weg zur Verwirklichung des Binnenmarktes empfunden wurden. Die Richtlinie gibt Kernstrukturen des Geschmacksmusterrechts vor wie die Definition des Musters (Art. 1), die Schutzvoraussetzungen der Neuheit und Eigenart (Art. 3 bis 5), die Bestimmung der Offenbarung (Art. 6) sowie Regelungen zum Schutzumfang und zur Schutzdauer (Art. 9, 10), lässt den Mitgliedsstaaten aber auch Gestaltungsspielraum, etwa beim Eintragungsverfahren, bei der Art und Weise der Verlängerung der Schutzfrist oder auch bei der gerichtlichen Ausgestaltung des Nichtigkeitsverfahrens. Nach dem Vorbild der Rechtslage im Markenrecht hat der Gemeinschaftsgesetzgeber am 12.12.2001 neben der Richtlinie eine Verordnung über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster verabschiedet (ABl. EG 2002, Nr. L3/1), mit der ergänzend zu den nationalen Schutzrechten ein einheitlicher gemeinschaftsweiter Geschmacksmusterschutz etabliert wurde. Die Regelungen der Verordnung weisen eine weitgehende inhaltliche Parallelität zur Richtlinie auf. Kernstück des Referentenentwurfs für ein Geschmacksmusterreformgesetz ist das neu formulierte und strukturierte Geschmacksmustergesetz (Art. 1 GeschmMRefGE), das an die Stelle des derzeit geltenden Geschmacksmustergesetzes treten soll. Dieses bereits am 1.4.1876 in Kraft getretene Recht, das aus dem seinerzeitiger Urheberrecht abgeleitet wurde, ist durch mehrfache Novellierungen in seiner Regelungsstruktur unübersichtlich geworden und entspricht nicht mehr den Anforderungen an ein modernes Gesetz. Bei der Gesetzesbezeichnung hat sich der Entwurf allerdings für die Beibehaltung des traditionellen deutschen Begriffs „Geschmacksmuster“ als Bezeichnung für den Schutz bestimmter Gestaltungen der äußeren Form von Mustern und Modellen entschieden; dagegen wird der umgangssprachlich geprägte Terminus „Design“, der etwa in dem schweizerischen Gesetzentwurf eines „Bundesgesetzes für den Schutz von Design“ erscheint, unter Hinweis auf seinen missverständlichen Inhalt nicht aufgegriffen. Die Art. 2 – 4 GeschmMRefGE betreffen sodann Folgeänderungen, insbesondere im Erstreckungsgesetz und Schriftzeichengesetz. Mit dem neuen Geschmacksmustergesetz soll das Geschmacksmuster entsprechend der Richtlinienvorgaben als eigenständiges gewerbliches Schutzrecht etabliert werden. Es wird damit aus seinen ursprünglich urheberrechtlichen Wurzeln gelöst. Nach Art. 1 § 1 Nr. 1 GeschmMRefGE ist ein (Geschmacks-)Muster die zwei- oder dreidimensionale Erscheinungsform eines ganzen Erzeugnisses oder eines Teiles davon, die sich insbesondere aus den Merkmalen der Linien, Konturen, Farben, der Gestalt, Oberflächenstruktur und der Werkstoffe des Erzeugnisses selbst oder seiner Verzierung ergibt. Erzeugnis ist jeder industrielle oder handwerkliche Gegenstand, einschließlich Verpackung, Ausstattung, grafischer Symbole und typografischer Schriftbilder sowie von Einzelteilen, die zu einem komplexen Erzeugnis zusammengebaut werden sollen (Art. 1 § 1 Nr. 2 GeschmMRefGE). Geschützt werden neue und eigenartige (bisher: „eigentümliche“) Muster und Modelle. Nach Art. 1 § 2 Abs. 3 d. Entwurfs hat ein Muster Eigenart, wenn sich der Gesamteindruck, den es beim informierten Benutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes Muster hervorruft, das vor dem Anmeldetag offenbart worden ist. Im Gegensatz zum geltenden alten Recht reicht nach dem Entwurf für den Schutz des Geschmacksmusters gegen Nachbildungen das objektive Bestehen des Rechts (sog Sperrwirkung); auf die Kenntnis des Verletzers von dem geschützten Geschmacksmuster kommt es nicht mehr an (Art. 1 § 36 Abs. 1 GeschmMRefGE). Die Richtlinie macht es überdies erforderlich, den Beginn des Geschmacksmusterschutzes auf den Zeitpunkt der Eintragung (vgl. Art. 1 § 25 Abs. 1 GeschmMRefGE) und die Schutzdauer auf 25 Jahre zu erhöhen (Art. 1 § 25 Abs. 2 GeschmMRefGE); gegenwärtig ist der Zeitpunkt der Anmeldung bei einer Schutzdauer von 20 Jahren maßgeblich. Die Neuheitsschonfrist wird richtlinienkonform künftig zwölf (bisher: sechs) Monate betragen (Art. 1 § 6 GeschmMRefGE). Wie bisher bleibt das Geschmacksmusterrecht ein Registerrecht, dh die materiellen Schutzvoraussetzungen werden durch das DPMA nicht geprüft. Ihr Fehlen ist im Einzelfall ggfls. vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen. Nach Art. 1 § 31 Abs. 1 GeschmMRefGE wird die Nichtigkeit eines Geschmacksmuster durch Urteil festgestellt, wenn das Erzeugnis kein Muster ist, das Muster nicht neu ist oder keine Eigenart hat oder das Muster vom Geschmacksmusterschutz ausgeschlossen ist. Auf Grund des rechtskräftigen Urteils kann die Löschung aus dem Register erwirkt werden (Art. 1 § 34 Abs. 1 Nr. 5 GeschmMRefGE).
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- Referentenentwurf für ein Geschmacksmusterreformgesetz (.pdf)