Urbane Feldforschung am Institut für Linguistik - Einblicke in die Sprachdokumentation und studentische Forschung der sprachlichen Vielfalt Düsseldorfs
Im Sommersemester 2023 findet am Institut der Linguistik das Aufbauseminar "Urbane Feldforschung" statt. Dabei beschäftigen sich Studierende mit zwei Sprachen, die in der sprachlichen Landschaft der Stadt Düsseldorf existieren, aber im öffentlichen Bild nicht sichtbar sind: Kannada und Kinyarwanda. Geleitet durch Prof. Dr. Kilu von Prince und Niklas Wiskandt (MA) werden hier an authentischen Daten mit ansässigen Sprechern die grundlegenen Methoden der linguistischen Feldforschung erlernt.
Im Kern der Feldforschung steht, dass die Studierenden von den Sprechern der beiden Sprachen Daten zu bestimmten linguistischen Phänomenen elizitieren. Dafür wird dem Sprecher eine bildliche Vorlage gegeben - ein "Storyboard" - und mit dieser Vorlage auf eine bestimmte Bedeutung oder sprachliche Konstruktion abgezielt. Im Vordergrund standen hier sogenannte modale Ausdrücke, z.B. "können" und "müssen". Die Sprecher werden darum gebeten, die Storyboards zu beschreiben, während sowohl Notizen und eine Tonaufnahme angefertigt werden.
Im Nachgang werden diese Tonaufnahmen auf mehreren theoretischen Ebenen analysiert, die die Studierenden teilweise schon aus ihren Basisvorlesungen kennen. Darunter gibt es z.B. die Transkription (die lautlich akkurate Beschreibung von Worten und Äußerungen) und die Glossierung (eine Art Wort-für-Wort-Übersetzung der Zielsprache, bei der grammatische Elemente abgetrennt werden). Zu großen Teilen nutzen die Teilnehmenden dafür ein Programm namens ELAN, in dem für eine Tonaufnahme beliebig große Zeitabschnitte beschriftet werden können, beispielsweise Wort für Wort, oder Laut für Laut. Die Studierenden simulieren essentiell Methodiken, die in der tatsächlichen Feldforschung bei noch zu dokumentierenden Sprachen angewendet werden.
Projekt fördert den Blick der Studierenden auf neue Aspekte
Bei der Frage darauf, was die Studierenden durch das Seminar nicht erwartet hätten zu lernen, finden sich sehr verschiedene Aspekte wieder. Darunter sind zum einen "Formalitäten" wie etwa Urheberrechtsgesetze und der Datenschutz, zum anderen aber auch die moralischen Aspekte der Feldforschung: Woher stammt die Legitimation, eine Sprache zu dokumentieren? Wie geht man tatsächlich respektvoll mit Daten um? Und welcher Bezug zur Sprecher*innengemeinschaft ist wichtig? "Darüber denkt man selten nach - dass Sprache eine so moralische Angelegenheit sein kann", sagt Katie, Bachelorstudentin im Fach Linguistik-integrativ.
Weitergehend wurden die Studierenden zu ihren positiven Erfahrungen mit dem Seminar gefragt. "Das Hintergrundwissen, das man für die Feldforschung mitbringen muss, war bei uns allen sehr unterschiedlich", sagt Anh Kim, Masterstudent aus dem Fach Linguistik mit Hintergrund in der Japanologie. Es stellte sich in der Kleingruppe erst innerhalb der ersten Aufnahmesitzung mit dem Sprecher heraus, dass in seiner Gruppe viele verschiedene Spezialisierungen lagen. Innerhalb der Sitzung kann das eine gute Herausforderung in der Teamarbeit sein.
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