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Leuchtschrift: Meet me for Coffee auf braunem Hintergrund

Auf einen kurzen Kaffee mit ...

Michael Bott, ü50-Student im Masterstudium Kunstgeschichte

Michael Bott ist 60 Jahre alt, wohnt in Krefeld, ist geschieden und hat eine Tochter, die bei der Mutter lebt.

Nach seinem Abitur hat er zunächst in der Veranstaltungsbranche gearbeitet und konnte sich dann seiner Reisesehnsucht widmen. 20 Jahre arbeitete er als Flugbegleiter bei der Lufthansa, die letzten fünf davon als Purser, also als verantwortlicher Flugbegleiter.

Nach diesen 20 Jahren war aus der Fliegerei allerdings etwas die Luft raus und er wollte etwas anderes, „Seriöseres“ machen. Über einen Freund bekam er einen Job in der Marktforschung. Allerdings stellte er schnell fest, dass die sehr gleichtönige Arbeit, ständig nur Statistiken auszuwerten und Powerpoints zu basteln, 9 to 5, überhaupt nichts für ihn ist. Besonders, da er durch die abwechslungsreiche Arbeit bei der Fliegerei und die viele Freizeit verwöhnt war.

Bott hat im Frühjahr 2022/23 sein Bachelorstudium in Transkulturalität abgeschlossen und studiert nun im Master Kunstgeschichte. Seinen Kaffee trinkt er mit Milch und Süßstoff.

2009 kamen zwei Dinge zusammen, die mein Leben fundamental veränderten: die Ehe brach auseinander und ich hatte endgültig keine Lust mehr auf Marktforschung. Ich zog nach Kenia, wo schon seit Langem mein bester Freund wohnte. Dort blieb ich zehn Jahre, abgesehen von gelegentlichen Besuchen in meiner ursprünglichen Heimatstadt Düsseldorf. Ich war dort zeitweise in der Gastronomie tätig, betreute aber auch ein Buschcamp am Kilimandscharo, von den ersten Spatenstichen bei der Gründung des Camps bis hin zur Ankunft der ersten Gäste. Dort habe ich in diesem Frühjahr auch den Großteil meiner Bachelorarbeit  geschrieben, deren Thema kenianische Raubkunst war.

2018 wurde das Leben in Kenia schwieriger und ich zog zurück nach Deutschland. Dringend schnell eine Wohnung zu finden ist in Düsseldorf nicht ganz einfach, aber in Krefeld ging das. Nun wollte ich keinesfalls zurück in die Marktforschung und informierte mich daher beim Arbeitsamt in Krefeld über andere Möglichkeiten. Als eine davon wurde mir ein Universitätsstudium vorgeschlagen. Ich informierte mich an der HHU und stieß auf die Transkulturalität. Zwanzig Jahre Lufthansa und zehn Jahre Kenia – das konnte eine gute Ausgangslage für dieses Fach sein.

Ich wurde am SSC freundlichst empfangen und ausführlich beraten – an zwei Schnuppertagen konnte ich ins Unileben reinschauen. Ich war sofort begeistert! Und so begann ich im Wintersemester 2019/2020 mit meinem ersten Studium.

Ich hatte bei Lufthansa und in Kenia die Möglichkeit, viele Kulturen kennenzulernen und im Falle Kenia auch mit den Menschen dort über lange Zeit zusammenzuleben. Daher wollte ich mit dem Studium meine Erfahrungen sortieren und sehen, was sich daraus ergibt. Ich habe das Studium der Transkulturalität von Anfang an auch als einen Blumenstrauß der Möglichkeiten angesehen.

Im ersten Semester gab es eine Ringvorlesung, in der sich die Fachbereiche vorstellten, in die man später wechseln könnte. Eine Vorlesung stellte das Studium der Kunstgeschichte vor. Schon während der Fliegerei bin ich, wann immer möglich, in die lokalen Museen gegangen, habe mich also schon früh für Kunst und damit auch für Kunstgeschichte interessiert.

In einer Übung von Prof. Dr. Ulli Seegers in Zusammenarbeit mit dem Museum Morsbroich in Leverkusen in diesem Semester beschäftigten wir uns mit der Kunstvermittlung. Während meiner Museumsbesuche war ich oft sehr erfreut über die Art und Weise, wie mir bei Führungen die Kunst erklärt und nahegebracht wurde. Diese Tätigkeit ist offensichtlich nicht altersabhängig. Ich habe für die nahe Zukunft schon Anfragen, dort im Museum Morsbroich tätig sein zu können.

Und sonst bin ich einerseits offen für alles, andererseits aber auch realistisch, was mein Alter angeht.

Diesen Austausch finde ich ganz großartig! Ich habe ja schon immer mit jungen Menschen zusammengearbeitet. Und abgesehen vom morgendlichen Blick in den Spiegel oder in den Reisepass fühle ich mein Alter nicht. Es gibt diesen Spruch: „It‘s weird being the same age as old people“.

Im ersten Semester habe ich mich noch gefragt, ob ich hier richtig bin, vom Alter her. Aber ich habe schnell auch gleichaltrige Kommiliton*innen getroffen. Ich bin Mitglied in der WhatsApp-Gruppe „LLL – LiveLongLearning“.

Ich war grade erst mit der Summer School der Studierendenakademie (Italienischkurs B1) den August über in Rom. Ganz großartig – sowohl für die Sprache als auch für mein Fach Kunstgeschichte.

Der große Unterschied scheint mir zu sein, dass wir Älteren das Studium ja nicht unbedingt mehr brauchen und uns das jeweilige Fach nach Interesse ausgewählt haben. Daher ist womöglich die Motivation größer, als wenn ein Zwang besteht, einmal Geld mit dem Abschluss des  Studiums zu verdienen.

Meiner Ansicht nach ist es wichtig, sich wieder in die Position des Lernenden zurückzufinden, mit den entsprechenden Hierarchien. Diesmal sind die Lehrenden zumeist jünger als man selbst.

Darüber hinaus betrachte ich es als ein großes Geschenk, noch einmal so viel Neues lernen zu dürfen – und manchmal empfinde ich auch eine gewisse Ehrfurcht, wenn ich an diesen „Tempel des Wissens“ kommen darf.

Da müsste ich mal in der LLL-Gruppe nachfragen. Mir persönlich fehlt in dieser Hinsicht jedoch nichts.

Ich lese sehr viel und mir fällt es daher schwer, jetzt spontan ein Buch hervorzuheben. Aber im Rahmen meiner Rom-Reise und dem geplanten (und durchgeführten) Besuch in Pompeji habe ich zur Vorbereitung das Buch vom Direktor des Archäologischen Parks, Gabriel Zuchtriegel, „Vom Zauber des Untergangs“ gelesen, was ich sehr bereichernd fand.


  • Weitere spanndende Interviews aus der Reihe "Auf einen kurzen Kaffee mit..." finden Sie hier.

Autorin: Andrea Rosicki

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