Auf einen kurzen Kaffee mit ...
Rebecca Hardijanto und Roxanne Draeger vom Kimono-Club
Rebecca Hardijanto und Roxanne Draeger haben beide an der HHU studiert und betreuen den Kimono Club seit seiner Gründung. Sie trinken im Club vor allem grünen Tee. Saisonal bedingt darf es aber auch mal ein Früchte- oder Gerstentee sein.
Im Wintersemester 2011/2012 wurde der Kimono Club von drei Studentinnen gegründet, von denen zwei auch noch als Leiterin (Rebecca Hardijanto) und stellvertretende Leiterin (Roxanne Draeger) im Club aktiv sind. Rebecca hatte das Kitsuke, das Anlegen eines Kimono, in Japan gelernt und wollte ihren damals noch kleineren Wissensschatz und die Leidenschaft für Kimono mit anderen teilen.
Im ersten Semester hatten wir insgesamt fünf Mitglieder, es kamen aber jedes Semester zwei, drei Leute dazu. Heute haben wir sowohl aktive Mitglieder, als auch einige Alumni. Zu einem regulären Clubdienstag kommen meist etwa acht bis zwölf Mitglieder zusammen.
Einfach gesagt üben wir, uns selbst die verschiedenen Arten Kimono anzulegen sowie andere Personen anzukleiden. Der Kimono ist ein recht kompliziertes Gewand und dieses Gewand richtig anziehen zu lernen, kann Jahre dauern. Im Club üben wir traditionelle und moderne Ankleidearten, tauschen uns zum Thema Kimono und Japan aus und versuchen so, einen winzigen Teil zum Erhalt des Kimono beizutragen. Und natürlich trinken wir auch Tee.
Über die Jahre haben wir viele interessante Menschen und Organisationen kennen gelernt, was uns auch immer wieder die Möglichkeit gibt, den Kimono auf Bühnen, Festen oder Veranstaltungen mit Japanbezug zu präsentieren. Unter anderem haben wir bei Modenschauen in Zusammenarbeit mit dem japanischen Generalkonsulat in Düsseldorf, dem EKO-Haus, dem Hetjens Museum oder auf kleinen Japantagen verschiedener Städte mitgewirkt. Auch Workshops zum Beispiel beim JKI Köln oder auf der Dokomi werden immer mal wieder von uns gegeben oder wir bieten zu bestimmten Anlässen Yukata-Anproben an Ständen an. Viele unserer Auftritte sind dabei in Begleitung und unter Leitung von Ruth Jäschke, deren unglaubliche Kimonosammlung und reicher Schatz an Erfahrungen jedes Mal unser aller Herzen höherschlagen lässt.
Grundsätzlich können alle Studierende der HHU teilnehmen. Wir veranstalten einmal pro Semester einen Tag der offenen Tür, zu dem man uns besuchen kann. Hier kann man sich dann entscheiden, ob der Club die eigenen Interessen trifft.
Der Kimono an sich besteht aus geraden Stoffbahnen, die so verarbeitet sind, dass sie mit relativ wenig Aufwand geändert werden können. So konnten beispielsweise Mütter ihre teuren Kimono leichter an ihre Töchter weitergeben. Bei Damen werden Länge und Breite zusätzlich durch die Bindung angepasst. Bei Herren ist dies allerdings anders, hier muss ein Kimono die richtige Länge haben. Im Gegenzug haben sie aber mehr Bewegungsfreiheit.
Ein Kimono-Ensemble besteht grundsätzlich aus zwei oder drei großen Teilen und einer Vielzahl Accessoires und Bändern, die sowohl dem Halt als auch dem Schmuck dienen.
Der erste Teil ist der Juban, ein Unterkimono, der dem eigentlichen Kimono vor Schweiß und Hautfetten schützt. Hierauf wird als zweites der eigentliche Kimono getragen. Für einen Sommerkimono, einen Yukata, braucht man den Unterkimono nicht, da sie aus Baumwolle und damit waschbar sind. Doch auch hier gibt es optionale Untergewänder. Auf jeden Kimono kommt dann als drittes jedoch der Obi, der Kimonogürtel, der zwischen 3,5 und 4,5 Meter Länge hat und je nach Art unterschiedliche gebunden wird.
Für alle drei Teile können verschiedene Stoffarten benutzt werden. Am verbreitetsten ist Seide, die gefärbt, bemalt und/oder bestickt wird. Für Sommerkimono ist Baumwolle beliebt und im Winter und für kühle Herbsttage gibt es einfache Kimono aus Wolle. Aber natürlich haben mittlerweile auch Kunststoffe, z.B. in Form von Kunstseide, Einzug gehalten, welcher besonders bei Arbeitskleidung von zum Beispiel Kellnerinnen oder bei starkem Regen beliebt ist.
Unter dem Kimono verstecken sich unzählige verschiedene Bänder, die den Stoff am Körper halten, aber auch Einlagen für Gürtel und Kragen, kleine Tücher zur Begradigung der Figur oder Kissen, die Bestimmte Teile des Ensembles Formen. Sichtbar und auffällig sind aber die Accessoires, die am Gürtel und am Kragen zu sehen sind, also die Obitücher und -kordel oder die zusätzlichen Eri bei formelleren Kimono.
Die Eri sind falsche Unterkragen, die zwischen den Unterkimono und den Kimono eingesetzt werden. Dies täuscht vor, noch mehr als zwei Lagen Stoff zu tragen. Das lässt den Kimono formeller erscheinen und ist ein Überbleibsel aus der Zeit der Prinzessinnen und Hofdamen, in der ein 12-lagiger Kimono die höchste Formalität darstellte und auch heute noch von der zukünftigen Kaiserin zu ihrer Hochzeit getragen wird. Obituch und Obikordel sind sowohl hübsch als auch funktional, da sie nicht nur stilsetzende Akzente setzen, sie halten auch den Obi in Form.
Es erfordert sehr viel Übung einen Kimono perfekt anzuziehen. Einen einfachen Yukata kann man jedoch schon nach ein paar Übungsstunden anlegen. Allerdings wird man sich selbst hier immer wieder verbessern können. Bis auf die formellste Form des Kimono, den Furisode, kann man mit viel Übung alle Arten Kimono alleine und ohne Hilfe anziehen lernen.
Kimono haben sehr viele verschiedene Muster und Formalitätsgrade, die man genauso lernen muss wie das Ankleiden. Die Muster richten sich zum Beispiel auch nach den Jahreszeiten. So stehen Kamelien für den Winter, Chrysanthemen für den Herbst, Wellen für den Sommer und Kirschblüten für den Frühling. Dies schreiben auch schon die Zeiten vor, in denen ein Kimono getragen wird. Die Muster haben aber auch weitere Bedeutungen wie beispielsweise Vergänglichkeit, Widerstandskraft und Schönheit. Die Kirschblüte ist quasi Japans Nationalblume und hat daher Sonderstatus. So geht es auch mit der Chrysantheme, die im Wappen des Kaiserhauses steht. Auch Farben können Bedeutungen wie Glück, Jugendlichkeit und Bescheidenheit haben. Diese sind aber für Kimonoträger, deren Beruf den Kimono beinhaltet, wesentlich relevanter.>
Es gibt verschiedene Arten von Kimono, zum Beispiel für Sommerfeste, Picknicks und für den Alltag, für Events und Partys und solche, die den Familienmitgliedern der Eheleute bei einer Hochzeit zugedacht sind ist. Die bekannteste Art Kimono ist vielleicht der Furisode. Dies ist ein besonders aufwändig gemusterter Kimono mit Ärmeln, die fast bis zum Boden reichen. Er ist für unverheiratete Frauen gedacht, die ihn bei speziellen Events, wie der Mündigkeitsfeier, tragen. Natürlich gibt es Kimono auch in männlicher Version, wobei die üblicherweise weniger Muster haben.
Grundsätzlich ist der Schnitt aller Kimono weitgehend gleich. Sie bestehen aus langen aneinander genähten Stoffbahnen, mit einem schmalen Kragen und langen quadratischen Ärmeln. Der Unterschied zwischen Herren- und Damenkimono liegt besonders in der Länge des fertigen Kimono und der Ausführung der Ärmel. Ein Männerkimono sollte genau passen, also der Größe des Herrn angepasst sein. Zudem hat er zugenähte Ärmel, die sich prima als Taschen für Kleinkram eignen. Ein Damenkimono hingegen wird der Trägerin in der Länge und der Breite durch die Bindung angepasst. Er ist lang genug, dass man beim Anlegen eine Falte am Bauch bilden kann, an der er hochgebunden wird. Hierfür wird mehr Stoff gebraucht, es macht den Kimono aber in der Größe flexibler. Bei Damenkimono sind die Ärmel hinten offen.
Ein Kimono für Geisha oder Bühnenkünstler ist besonders lang und wird im Haus mit Schleppe getragen. Auch Gürtelbindung und Accessoires sowie die Regeln für Saisonalität und Farben sind im Vergleich zum „Standard“-Kimonoträger eine ganz andere Welt.
Die Form des Kimono hat sich in den letzten Jahrhunderten kaum verändert, auch wenn beispielsweise die Rundung der Ärmel immer wieder mal der Mode folgt. Kimono bedeutet eigentlich nur „Ding zum Anziehen“ und war bis ins 19. Jahrhundert der Überbegriff für alle Arten von Kleidung in Japan. Daher muss man hier auch zwischen den Kimono wohlhabender und denen arbeitender Menschen unterscheiden.
Beim Kimono hat sich über die Zeit auch weniger die Form, als eher die Trageweise und die Verwendung der Accessoires verändert. Vor allem der Gürtel - ursprünglich hat man hierfür die heutige Obikordel verwendet - wurde mit den Jahrhunderten immer breiter und üppiger und die Bindungen immer aufwändiger.
Der Kimono, wie er heute getragen wird, hat sich mit seinen festen Regeln erst etabliert, als die westliche Mode in Japan Einzug hielt. Es entwickelte sich das Bedürfnis, die japanische Mode von der westlichen abzugrenzen. Das Wort Kimono wurde jetzt im Gegensatz zum Wort Youfuku (westliche Kleidung) verwendet, welches sich heute zu Fuku, (normale) Kleidung, abgekürzt hat.Seinen wichtigen kulturellen Stellenwert hat der Kimono in den letzten 100 Jahren allerdings immer mehr verloren. Zwar ist er immer noch das Kleidungsstück für traditionelle Berufe wie Geisha, Sumoringer oder Priester, die normale Bevölkerung greift jedoch nur noch selten zum Kimono. Ausnahmen bilden hier beispielsweise Events wie Sommerfeste, Mündigkeitsfeiern wie eventuell die Hochzeit. Das liegt zu einem großen Teil an der langen Zeit, die man benötigt, um das Kitsuke zu erlernen. Allerdings können auch die vielen, strikten Regeln, die definieren, wie ein Kimono „richtig“ getragen wird, sehr einschüchternd sein.
Allerdings hat vor allem bei einigen jüngeren Japanerinnen und Japanern der Kimono als Modeobjekt wieder etwas an Aufmerksamkeit gewonnen und viele versuchen den Kimono mit modernen Tragestilen mehr in den normalen Alltag zurück zu holen. Diese Bewegung begann vorrangig in Modeszenen wie Lolita und Gyaru, weitet sich aber auch immer mehr auf den Alltag aus. Auch gibt es in Japan verstärkt Bestrebungen Kulturgüter wie die alten - auch die kimonospezifischen - Handwerke wieder in das Bewusstsein der Menschen zurück zu holen und neu zu beleben, bevor sie für immer verloren gehen. Wir würden uns freuen, wenn unser Club einen winzigen Teil dazu beitragen könnte.
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Die Wissenschaftskommunikation der Philiosophischen Fakultät
Autorin: Andrea Rosicki