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denXte macht Philosophie interaktiv!

Bereits während seines Studiums entwickelte Prof. Dr. Markus Schrenk die Vorstellung, akademische Philosophie auch für Nicht-Philosoph*innen zugänglich und erlebbar zu machen. Seit 2019 lädt denXte alle Interessierten in vielfältigen Formaten unmittelbar zum Denken ein und fordert die eigene Vorstellungskraft anhand philosophischer Gedankenexperimente heraus. Dadurch lassen sich auch komplexe Sachverhalte erfassen und Aspekte berücksichtigen, die in Politik und Alltag häufig nicht mitbedacht werden. Anhand von Gedankenexperimenten machen namhafte Philosoph*innen gesellschaftlich und wissenschaftlich relevante Fragestellungen greifbar und die neugewonnenen Perspektiven haben das Potential, persönliche Entscheidungsprozesse zu bereichern.

Aus der ursprünglichen Idee zu denXte sind mittlerweile umfangreiche philosophische Mitmach- und Denk-Formate entstanden, die vom Teamprojekt bestehend aus Prof. Dr. Markus Schrenk, Dr. Amrei Bahr, Julia Frese, Dr. David Löwenstein, David Niemann, Christoph Sapp und Berit Weiß vom Institut für Philosophie betreut und weiterentwickelt werden. 

Für seine innovativen Wissenschaftskommunikation erhielt das denXte-Team den Communicator-Preis 2022 der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des Stifterverbandes.

denXte-Abendveranstaltungen

Um das Konzept denXte in Aktion treten zu lassen, sind bei den Veranstaltungen die Meinungen aller gefragt. An einem typischen denXte-Abend im Haus der Universität werden die Teilnehmenden nach einer kurzen thematischen Einführung zunächst dazu eingeladen, die eigene Intuition zur thematischen Frage des Abends zu ergründen und diese anonym per Smartphone in eine erste Abstimmung einfließen zu lassen. Vor dem Hintergrund dieses Meinungsbildes erläutert im nächsten Schritt die oder der geladene Expert*in aus der akademischen Philosophie tiefergehende Aspekte der Fragestellung. Mit den nun neu erworbenen Betrachtungsweisen und Kenntnissen werden die Besucher*innen um eine erneute Abstimmung gebeten, wobei sich die Ergebnisse mitunter deutlich unterscheiden. Gemeinsame Gespräche, zunächst im Plenum, später auch in geselligen kleinen Gruppen, runden den denXte-Abend ab.

denXte-eXtra – das denXte-Format mit Kurzfilmen

denXte bietet interessierten Bürger*innen den Raum, sich aktuellen philosophischen Problemstellungen im direkten Austausch mit Fachphilosoph*innen zu nähern. Als im Zuge der Corona-Pandemie absehbar wurde, dass die Abendveranstaltungen vorerst ausgesetzt werden mussten, wirkte diese Situation mit ihren vielfältigen Herausforderungen als Beschleuniger für die Entwicklung digitaler denXte-Formate. So startete im April 2020 die Reihe denXte-eXtra, die mittels kurzer Videoclips ebenfalls dazu einlädt, sich spielerisch an philosophischen Debatten zu beteiligen.

Angesichts der aufkommenden Pandemie drehten sich die ersten Folgen zunächst um Aspekte der Corona-Situation, beispielsweise mündete die erste Folge von denXte-eXtra in der Frage, ob Menschenleben abwägbar oder absolut zu schützen sind.

Nach den filmischen Einstiegen, besteht auf der denXte-Homepage die Möglichkeit, sich per Abstimmung für eine Position zu entscheiden. Darüber hinaus können sich die Teilnehmenden auch im digitalen Format an der fachlichen Diskussion beteiligen und austauschen, weiterführende Impulse von Expert*innen in Form von verlinkten Blogbeitragen dienen der inhaltlichen Vertiefung. Auch in den sozialen Netzwerken Instagram und Facebook werden durch denXte philosophische Diskussionen angestoßen. Insgesamt stößt auch denXte-eXtra auf eine hohe Resonanz.

denXte-Livestreams

Neben den Präsenz-Veranstaltungen und denXte-eXtra besteht in Form von Zoom-Veranstaltungen auch die Möglichkeit, überregional und in Echtzeit an aktuellen gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Fragestellungen aus der Philosophie teilzuhaben. Der Ablauf der Veranstaltung gleicht den denXte-Abenden im Haus der Universität – inklusive Online-Abstimmung. Wie die Präsenzveranstaltungen bietet auch die Streaming-Variante die Gelegenheit, Fragen zu stellen, mitzudiskutieren und untereinander in Austausch zu treten – per Livechat, vermittelt über die Moderation sowie in den sozialen Medien. Mitschnitte der Livestreams werden nach dem denXte-Prinzip aufbereitet und auf der Homepage eingebunden. Auf diese Weise können die Themen auch nach der jeweiligen Veranstaltung, jederzeit und von jedem beliebigen Ort aus, interaktiv erschlossen werden.

In den Startlöchern: „mitgedacht – der denXte-Podcast zu Euren philosophischen Fragen“

Beim neuesten denXte-Format „mitgedacht – der denXte-Podcast zu Euren philosophischen Fragen“ ist der Name Programm: Bürger*innen sind dazu aufgerufen, die philosophischen Fragen vorzuschlagen, für die sie sich am meisten interessieren und genau diesen Fragen werden eigene Podcasts-Folgen gewidmet. Das Herzstück der Produktion des Podcasts ist ein Projektseminar am Institut für Philosophie, in dem sich Arbeitsgruppen von Studierenden jeweils einer der eingereichten Fragen widmen. Die Studierenden recherchieren mögliche Antworten aus der aktuellen philosophischen Forschung sowie klassische Positionen der Philosophiegeschichte und produzieren dazu eigene Audio-Beiträge. Während die Studierenden auf diese Weise philosophische Wissenschaftskommunikation betreiben, sind die Einsendenden als citizen scientists eingebunden: Ihre Fragen und ihr Urteil über die Antwortvorschläge stehen im Mittelpunkt – eben „mitgedacht“.

In jeder Folge interviewen die Co-Hosts Amrei Bahr und David Löwenstein zunächst die Person, die den Vorschlag eingereicht hat, um ihre Frage und Hintergründe zu ergründen. Im Anschluss folgt der Beitrag der Studierenden mit Argumenten und Vorschlägen für denkbare Antworten sowie, wo immer möglich, auch mit einem passenden Gedankenexperiment, das die Frage effektiv weiterdenken lässt. Am Ende jeder Folge steht ein abschließendes Gespräch zwischen Einsender*in und Co-Hosts. Hier werden die Vorschläge der Studierenden reflektiert und Anschlussfragen erörtert.

Nach dem Projektseminar im Sommersemester 2022 werden die ersten fertigen Folgen des Podcasts ab Herbst 2022 zu hören sein.  Mehr zum Podcast und ein Link zur Einreichung finden sich unter https://denxte.de/podcast/.

 


Fünf Fragen - Fünf Antworten

Im Gespräch mit dem denXte-Team

Philosophische Gedankenexperimente sind Szenarien, die der Plausibilisierung oder Widerlegung philosophischer Thesen, Argumente und Theorien dienen. Sie begleiten die Philosophie seit Anfang an und sind auch in aktuellen philosophischen Debatten sehr präsent – ein bekanntes Beispiel ist das sogenannte Trolley-Problem:

Stellen Sie sich vor, Sie stehen an einem Gleis, auf dem sich mit hoher Geschwindigkeit eine Straßenbahn nähert. Auf dem Gleis steht in einiger Entfernung eine Gruppe von fünf Personen, die durch die Straßenbahn erfasst und getötet zu werden drohen. Das Unglück lässt sich nur abwenden, wenn Sie eine Weiche, die sich in Ihrer Reichweite befindet, auf ein anderes Gleis umstellen. Auf dem anderen Gleis befindet sich jedoch eine weitere, einzelne Person, die in diesem Fall von der Straßenbahn überrollt würde. – Was würden Sie in dieser Situation tun? Würden Sie die Weiche umstellen, um die größere Zahl von Menschen zu retten? Oder würden Sie auf ein Eingreifen verzichten und die einzelne Person so davor bewahren, durch Ihr Handeln getötet zu werden?

Wie dieses Beispiel zeigt, eignen sich philosophische Gedankenexperimente gut dazu, einen Zugang zu philosophischen Problemstellungen und Theorien zu ermöglichen. Dank ihres narrativen Charakters und ihrer geringen theoretischen Komplexität müssen dabei keine Fachkenntnisse vorausgesetzt werden. Das Trolley-Problems verweist z.B. auf zentrale Theorien der philosophischen Ethik: Wer intuitiv für eine Umstellung der Weiche stimmt, erweist Sympathien für eine utilitaristische Position, der zufolge für die Rettung einer größeren Zahl von Personen der Tod der Einzelperson in Kauf zu nehmen ist. Wer hingegen die Umstellung der Weiche intuitiv für falsch hält, ist einer deontologischen Position zugeneigt, der zufolge bestimmte Handlungen – wie beispielsweise die aktive Beteiligung an der Tötung eines Menschen – ungeachtet ihrer Konsequenzen – für sich genommen falsch sind.

Als absehbar wurde, dass unsere Abendveranstaltungen verschoben werden mussten, kam die Bürgeruni mit der Frage auf uns zu, ob wir mit unserem besonderen Ansatz nicht auch ein digitales Angebot auf die Beine stellen könnten. Die Entwicklung einer Online-Variante als bereichernde Ergänzung verfolgten wir schon länger, aber anlässlich der Maßnahmen zum Schutz vor Corona ging es dann sehr kurzfristig darum, dieses brandaktuelle Thema auf denXte-Weise zugänglich zu machen. Wir hatten das große Glück, dass Prof. Dr. Frank Dietrich gerade einen Beitrag über ethische Fragen der Lockdown-Politik fertiggestellt hatte, den wir dankenswerterweise aufgreifen durften. Dieser Text diente als Grundlage für die dramaturgische Umsetzung des Themas in Form kurzer Filme, mit denen wir einzelne Aspekte der Debatte vorstellen und auf die Form einer denXte-typischen Eingangsfrage zuspitzen. Mit vertiefenden Textbeiträgen, die von Expert*innen eigens erstellt wurden, konnten wir dann weitere kontroverse Aspekte mit einbringen und Ansatzpunkte zum eigenen Philosophieren und Diskutieren bieten. Ohne diese tolle Unterstützung, in dem Fall auch von Prof. Dr. Simone Dietz und Prof. Dr. Dr. hc. Dieter Birnbacher, wäre so etwas nicht möglich.

Für die Live-Streams konnten wir unser bewährtes Konzept der Abendveranstaltungen fast 1:1 übertragen. Wir hatten bei der ersten Veranstaltung allerdings das Problem, dass unser geplanter Stream aus technischen Gründen nicht zustande kam. Da haben wir dann innerhalb von Minuten unser internes Video-Meeting für das Publikum geöffnet und dieses Format dann auch für die folgenden Veranstaltungen beibehalten. Aber wir freuen uns jetzt auch sehr, wieder unsere Abendveranstaltungen in Präsenz machen zu können.

Es werden nach der ersten intuitiven Abstimmung Positionen aus dem akademischen Diskurs dargestellt. Dabei wird nicht etwa parteiisch eine bestimmte Position bevorzugt, sondern analytisch auf Aspekte hingewiesen, die in der Sache bedenkenswert sind. Es geht also niemals darum, durch geschickte Rhetorik zu überreden. Sollten aber rationale Argumente die Zuhörerschaft überzeugen, dann ist das sogar wünschenswert. Manchmal kommt es vor, dass die philosophischen Expert*innen des Abends zusätzlich eine eigene Position testen wollen; dafür besteht z.B. die Möglichkeit, nach der erfolgten 2. Abstimmung, Argumente für diese Position stark zu machen und das Publikum dann darüber gesondert abstimmen zu lassen.    

Gedankenexperimente können prinzipiell zu allen philosophischen Fragen angestellt werden. Das bestätigt sich auch bei den bereits eingereichten Fragen für den Podcast. Natürlich gibt es zu manchen Fragen bereits mehr oder prominentere Gedankenexperimente als zu anderen. Aber gemeinsam mit den Arbeitsgruppen im Projektseminar werden wir ganz sicher für jede Frage ein passendes Gedankenexperiment formulieren können.

Die Philosophie kann dabei helfen, Debatten konstruktiv zu gestalten: z.B. Fragen auf den Punkt bringen, verschiedene Fragen voneinander unterscheiden, den Raum der möglichen Antworten oder Positionen ausloten und genau benennen, was wofür und wogegen spricht. Oder auch, sich an der Sache und nicht an Personen orientieren, also nicht daran, wer eine Diskussion vermeintlich „gewinnt“ oder die beste Figur macht, sondern daran, was inhaltlich wirklich gut begründet ist, und vieles mehr.

Welche Fragen aktuell die wichtigsten sind, können Philosoph*innen aber natürlich nicht aus ihrer fachlichen Expertise beantworten. Dabei haben alle Bürger*innen gleichermaßen mitzureden und das ist auch gut so. Auch auf die Gefahr hin, hier Wichtiges zu vergessen, fallen uns spontan ein: Triage, Rechte von Geflüchteten, territoriale Rechte, Menschenrechte, Krieg und humanitäre Interventionen, Privatheit im digitalen Raum, Vorhersage und Ethik im Bereich der künstlichen Intelligenz, und vieles mehr. Es gibt viel zu tun, auch für die Philosophie. Beispiele dafür, wie sich Fachphilosoph*innen konstruktiv in öffentliche Debatten einbringen, finden sich übrigens auch hier: https://philpublica.de/


  • Weitere spannende Forschungstätigkeiten der Philosophischen Fakultät finden Sie hier.

Autorin: Andrea Rosicki

Verantwortlichkeit: